Irina Goldstein hat Musik, Politik und Film studiert: in drei Dokumentarfilmen, die sie um 2005 realisierte, gelang ihr eine faszinierende Verbindung dieser drei Passionen. Als politisch engagierte Jüdin in Deutschland ist sie auf der Suche nach dem Ge-heimnis des Balletts aus dem Geist der Musik („Chance to Dance“), dem genialen Wesen ihres Vater Aljoscha Zimmermann („When silence sings“) und dem Alltag musikalisch hochbegabter Kinder („Forte Fortissimo“). Die drei Filme wurden jetzt von Koch-Media als „Irina Goldstein-Edition“ veröffentlicht.
Kusha Alexi ist eine hochtalentierte Solistin am Bayerischen Staats-ballett in München. Ballett-Direktorin Konstanze Vernon hat ihr das Angebot gemacht, mit „Giselle“ als Primaballerina zu debutieren: „Chance to dance“ ist der Titel von Irina Goldsteins erstem Teil ihrer Musik-Trilogie. Geplant als Dokumentation über den Aufstieg einer Tänzerin in den Rang einer Primaballerina. Das wäre allein schon ein spannendes Thema gewesen. Doch dann fällt Alexis versierter Partner Oliver Wehe durch Krankheit aus.
Der „Ersatz“ ist zwar auch ein hochtalentierter Solist, hat den schwierigen Part in „Giselle“ aber bisher noch nie getanzt. Es wird außerdem die erste Zusammenarbeit mit Kusha Alexis sein. Diskret beschreibt Irina Goldstein wie der Stress-Pegel bei allen Beteiligten steigt: So wurde aus „Chance to dance“ die eindrückliche Beschreibung einer Krise und ihrer Bewältigung. Gleichzeitig eine subtile Einführung in Kunst des Balletts als Verbindung zwischen künstlerischem Ausdruck und athletischer Körperbeherrschung.
Am Ende ist das Wagnis geglückt: Konstanze Vernon hat nur an Kleinigkeiten etwas auszusetzen. Im Bonusteil der DVD geben sowohl Konstanze Vernon als auch Kusha Alexis Hintergrundinformationen.
Handelt es sich bei „Chance to dance“ um eine klassischen TV-Doku-mentation mit einer Länge von 45 Minuten, konnte Irina Goldstein 2005 ihren ersten langen Kino-Dokumentarfilm „When silence sings“ realisieren.
Im Mittelpunkt der „Edition Irina Goldstein“ steht mit „When silence sings“ einer der schönsten Dokumentationen über das Faszinosum Stummfilm, der in der Kinopraxis nie stumm war. Von Anbeginn wurde die Filme musikalisch begleitet – in den 1910er bis Ende der 1920er Jahren gehörte Filmbegleitung – vom Solisten bis zum Sinfonie-Orchester – und –Komposition zu einem wichtigen Erwerbszweig von Musikern. Mit der Einführung des Tonfilms ab 1929 hatte es damit schlagartig ein Ende. In der Folge interessierten sich nur noch Historiker für das stumme Filmerbe. Technisch unzureichende Kopien, die in falscher Geschwindigkeit vorführt trübten den Genuss…
Die stiefmütterliche Behandlung der Stummfilme änderte sich erst um 1980, als Welt weit Filmmuseen und das Fernsehen begannen, die großen Meisterwerke zu rekonstruieren und mit passender Live-Musik zu präsentieren. In Deutschland gehörte das Münchner Film-museum und sein damaliger Leiter Enno Patalas zu den Pionieren in diesem Bereich. Patalas engagierte für die musikalische Begleitung des russischen Revolutionsfilms „Panzerkreuzer Potemkin“ von Sergej M. Eisenstein den aus der Sowjetunion emigrierten Aljoscha Zimmermann.
Mit seinen innovativen Kompositionen leitete Zimmermann eine neue Ära der Stummfilmrezeption ein. Er gab den Filmvorführungen einen konzertanten Eventcharakter. Eindrucksvollen Präsentationen, wie die der rekonstruierten Fassungen von „Metropolis“ oder der „Nibelungen“, wären ohne Aljoscha Zimmermanns Pionierarbeit nicht vorstellbar.
„When silence sings“ ist nicht allein das Portrait einer charismatischer Künstlerpersönlichkeit, sondern auch die berührende filmische An-näherung der Töchter an den Vater: der Regisseurin Irina Goldstein und ihrer Schwester Sabrina Hausmann, die ihren Vater häufig als Cellistin begleitet hat.
Zu den Extras der DVD gehören ausführliche Gespräche von Irina Goldmann und Sabrina Hausmann über das Wesen und die Per-sönlichkeit ihres Vaters Aljoscha Zimmermann, der vor einem Jahr überraschend gestorben ist.
An „When silence sings“ schloss Irina Goldstein den dritten Teil ihrer Trilogie an: „Forte Fortissimo“: nach dem Vater jetzt die eigenen Kinder, die in der dritten Generation die musikalische Tradition weiterführen.
Neben musikalisch hochbegabten Kindern, zeigt Irina Goldstein in diesem Film, wie Musik und Alltag sich ergänzen können; wie durch Achtsamkeit daraus ein großes Ganzes wird.
In ihren Filmen ist Irina Goldstein neugierig auf Spurensuche, wie sich Musik und Leben ergänzen können. Ihr cineastisches Gespür gibt den Filmen auch formal den hohen künstlerischen Anspruch ihrer Protagonisten eine Entsprechung. „Chance to dance“, „When silence sings“ und „Forte Fortissimo“ sind Preziosen des Musikfilms. Die „Edition Irina Goldstein“ ist bei Koch Media erschienen. Die DVDs kosten jeweils 17 Euro.
Dazu Irina Goldberg im Gespräch mit Herbert Spaich:[media id=197 width=320 height=20]