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Das pralle Bollywoodkino mit viel Tanz, Gesang und Schmachten im Regen ist auch in Europa nicht mehr unbekannt, internationale Festivals schmücken sich mit Independant-Produkutionen aus Indien. Ganz und gar unbekannt ist der indische Dokumentarfilm außerhalb des Landes. Das noch bis heute Abend in Stuttgart stattfindende Festival „Bollywood and beyond“ präsentiert auch einen Querschnitt durch die indische Dokumentarfilmszene.
Omi Vaidya ist Schauspieler und in der Hoffnung nach Los Angeles gezogen, in Hollywood groß Karriere zu machen. Aber bisher hat das nur zu Nebenrollen in TV-Serien und gelegentlichen Auftritten in Werbespots gereicht. Immerhin wurde dadurch eine indische Casting-Agentur auf Omi aufmerksam. Er bekommt das Angebot, in einer Bollywoodkomödie mit dem Titel „Three Idiots“ die Hauptrolle zu spielen – an der Seite von Superstar Amir Khan.
Die schrillen Lustspiele aus der Heimat seiner Eltern waren für Omi Vaidya bisher das Schrecklichste, was er sich vorstellen konnte. Er akzeptiert das Angebot deshalb als kuriose Erfahrung im Leben eines experimentierfreudigen Schauspielers, zumal die Gage nicht zu verachten ist. Er bittet die beiden Filmemacher Kenny Meehan und Bill Bowles, zwei alte Freunde, ihn bei seinem Abenteuer im indischen Mainstream-Kino mit der Kamera zu begleiten.
Das unvorhersehbare, für das Filmgeschäft rund um den Globus typische geschieht: „Drei Idioten“ entpuppt sich als Blockbuster und eine der kommerziell erfolgreichsten indischen Produktionen der letzten Jahre. Omi Vaidya wird quasi „über Nacht“ selbst zum Superstar. Das klingt wie der Plot eines Bolly-Hollywoodfilms – ist aber eine wahre Geschichte!
„Big in Bollywood“ heißt die Dokumentation über die Geburt eines Stars Made in Mumbai, deren europäische Premiere heute Nachmittag im Rahmen des Festivals „Bollywood and beyond“ stattfinden wird. Auf den ersten Blick eine Kuriosität vom Rande des Filmbiz. Bei näherem Zusehen aber typisch für die indische Dokumentarfilmszene. Es dominiert der Blick hinter die Kulissen.
So erfährt der Zuschauer bei „Big in Bollywood“ etwas vom gnaden-losen Moloch einer Industrie, in dem der Einzelne nur insofern eine Rolle spielt, als er dem Geschäft der mächtigen Bosse nützlich ist.
Der ironische, aber auch skeptische Blick auf leicht verderblichen Glamour gehört ebenso zur indischen Dokumentarfilmszene, wie die Beschreibung des realen Elends in der Gesellschaft des Landes – jenseits von Bollywood. Einer der bedrückendsten Filme, die beim Stuttgarter Festival zu sehen waren, heißt „Land of Widows“ und beschäftigt sich mit der Lage der Arbeiter im Bundesstaat Rajasthan. Fernab der Touristenrouten müssen sie unter unmenschlichen Bedingungen in den teilweise illegalen Steinbrüchen schuften, barfuß ohne die minimalsten Sicherheitsvorkehrungen. Neben schwersten Verletzungen führt die Arbeit bei vielen zu Silicose, Staublunge, an der sie über kurz oder lang sterben. Deshalb wird die Region auch „Land der Witwen“ genannt…
Der indischen Filmemacherin Aarti Shrivastava ist mit „Land of Widows“ über die alltägliche Ausbeutung von Menschen in Indien gelungen. Ein typisches Beispiel für den Dokumentarfilm in diesem Land. Der genaue Blick auf die Verhältnisse; verbundenen mit dem Anspruch, zu einer gesellschaftspolitischen Veränderung beizutragen. Es ist kein Zufall, dass viele indische Dokumentarfilmer in diesem Metier nebenberuflich arbeiten und ihr täglich Brot nicht selten als Juristen verdienen.
petra
der film „3 idioten“ ist einer der besten filme, die ich in letzter zeit gesehen habe. man ahnt gar nicht, dass hinter diesem titel ein so wertvoller film steckt – ein film in dem alles vorkommt, aber vor allem freundschaft und menschlichkeit verpackt in humor und romantik.
ich kann den film nur von ganzen herzen empfehlen.
herbertspaich
Finde ich auch! Auf DVD erscheint der Film heute bei Rapideye Movies (OmU)!