USA 2013
Regie: John Wells
Mit Meryl Streep, Julia Roberts, Ewan McGregor, Chris Cooper
Kinostart: 6. März 2014
Schlachtfeld Familie: ob auf der Bühne oder im Film; gerne werden die Abgründe zwischen Alt und Jung, näheren und entfernteren Ver-wandten zum Austausch allerlei Gemeinheiten genommen. Anlass sind Feiertage wie Weihnachten, Jubiläen oder Begräbnisse bzw. der anschließende Leichenschmaus. Der liefert den Rahmen für „Im August in Osage County“. Autor Tracy Letts ist dafür 2008 mit dem Pulitzer Preis für das beste Theaterstück ausgezeichnet worden. In Deutschland wurde es unter dem Titel „Eine Familie“ von diversen Bühnen aufgeführt – unter anderem am Nationaltheater Mannheim. Die Verfilmung hat vor allem deshalb für Aufsehen gesorgt, weil Hauptdarstellerin Meryl Streep für einen Oscar nominiert war. Jetzt ist „Im August in Osage County“ in den deutschen Kinos zu sehen.
Zum wiederholten Mal ist Meryl Streep auch diesmal wieder auf einer Oscar-Nominierung sitzen geblieben. Cate Blanchett wurde am Sonntagabend statt ihrer zur „Besten Hauptdarstellerin“ gekürt. Das hat weniger mit Meryl Streep und mehr mit Woody Allen zu tun, der wegen der angeblichen Übergriffe auf seine Stieftochter erneut in die Schlagzeilen geraten ist. Die Auszeichnung seiner „Blue Jasmin“-Hauptdarstellerin Blanchett war vor diesem Hintergrund als Solidaritätsadresse an den öffentlich von seiner Ex Mia Farrow gebeutelten Filmemacher zu verstehen. Davon abgesehen ist „Blue Jasmin“ der bessere Film. Bei „Im August in Osage County“ handelt es sich dagegen um eine arg bemühte Theaterverfilmung, die sich vor allem textlastig über die Runden schleppt.
Obwohl Dagmar Dempe als deutsche Stimme von Meryl Streep ihr Bestes gibt, wird am Beispiel von „Im August in Osage County“ das ganze Elend der deutschen Unsitte der Synchronisation deutlich. Davon abgesehen, dass man in Oklahoma wohl kaum im Stadttheater-jargon deutsch spricht, nimmt der dazu noch holprig übersetzte Text dem Film den letzten atmosphärischen Schimmer.
Das Ganze wirkt wie ein zweitklassiges deutsches Hörspiel, das dem Film willkürlich unterlegt wurde. Vor allem in den vielen Großaufnahmen sind die asynchronen Lippenbewegungen – englisch artikuliert sich halt anders als deutsch – nicht zu übersehen. Die Mimik passt einfach nicht zum Text!
In der deutschen Fassung wird der von Meryl Streep verkörperten Violet Weston die differenzierte Persönlichkeit genommen: Es bleibt eine kreischende Furie, die erst ihren Mann in den Selbstmord und hinterher den Rest der Familie in seelische Abgründe treibt.
Allerdings hat Autor und Drehbuch-Autor Tracy Letts auch im Original in der zweiten Hälfte von „Im August in Osage County“ Probleme damit, die zahlreichen physischen und psychischen Abgründe in der Familie Weston auf den Punkt zu bringen. Alles zerflettert schließlich ins Unverbindliche nach dem Motto wer ist frei von Schuld, der werfe den ersten Stein…
Das Tracy Letts bei „Im August in Osage County“ zwar geschickt aber auch ziemlich unbekümmert in den Revieren von Tennessee Williams bis Tom Wolfe gewildert hat, lässt sich im Theater durch eine versierte Regie kaschieren. Bei dieser uninspirierten Verfilmung wirkt das Stück aber vollends aus zweiter Hand, das man anderswo schon besser gesehen hat. Zumal – wie bereits betont – die schlechte deutsche Synchronisation die schauspielerischen Glanzlichter des Originals nachhaltig ruiniert. Das heißt für den Verbraucher: nach Kinos Ausschau zu halten, die die Originalfassung zeigen oder bis zur DVD-Veröffentlichung zu warten!