Mann, Mann, Mann, bei der Schweizer Polizei herrschen Sitten! Fast wie bei Charlotte Roche! Kaum ist der Reto nach seinem ersten (unfreiwilligen) Arbeitstag müde im Hotel angekommen, da geht ihm die Kollegin aus Übersee (eine Art Austauschschülerin) an die Wäsche. Von einem eidgenössischen Beamten hätte man in einer solchen Situation erwartet, dass er darauf mit empörter Zurückweisung reagiert. Aber nein, der Reto steigt mit der Dame ins Bett. Von wegen „Wunschdenken“….
Nicht so zielstrebig wie Sofia Milos in ihrer Gastarbeiterinnen-Rolle beim Schweizer Fernsehen, lief der behäbige „Tatort“ aus Luzern ab. Ein Politiker wird im Wahlkampf ermordet: wer glaubte, hier ginge es um einen Einblick in den Schweizer Polit-Sumpf wurde enttäuscht. Eine betrogene Ehefrau hat sich gerächt – auf ziemlich umständliche Art und Weise. Ebenso wird am Anfang ein Nebentäter im Vierwaldstätter See ersäuft…
Angesichts von Markus Imbodens Regie war dabei durchaus eine Übereinstimmung von Form und Inhalt festzustellen, im Mittelteil das „Wunschdenken“ sogar etwas spannend. Ansonsten ist Stefan Gubsers Charisma als Reto Flückiger in etwa mit dem von Züricher Geschnitzeltem mit Rösti zu vergleichen: Nicht aufregend, aber sättigend!
Dabei lässt sich die Figur durchaus noch ausbauen, die entsprechenden Fährten sind gelegt. Reto ist offensichtlich nicht verheiratet, zumindest ist er kinderlos. Gibt es da eine tragische Vergangenheit – die Gattin starb an Schwindsucht, das einzige gemeinsame Kind sitzt im Knast oder hat sich in Afghanistan den Taliban angeschlossen? Damit käme Exotik in den Tatort oder Reto ist schwul und tritt nach Feierabend in einem Luzerner Nachtclub als Marika Rökk auf. Also Möglichkeiten ohne Ende, die Stefan Gubser bis ins Rentenalter beschäftigen können..
Vielleicht geben sich die Verantwortlichen in Zukunft dann auch etwas mehr Mühe bei der Synchronisation – diesmal raschelte das Manuskript hörbar, von dem die Schauspieler ihren hochdeutschen Part ablasen. Dann könnten sich die neuen Schweizer Tatorte durchaus einen soliden Platz zwischen der chronisch hysterischen Frau Odenthal und dem schlamperten Thiel erobern…