Hortenbachs Cannes Letter 4

Der Charme der grauen Schläfen - Michael Douglas mit Josh Brolin  Bild: Festival

Der Charme der grauen Schläfen - Michael Douglas mit Josh Brolin Bild: Festival

Endlich ein richtig großer Hollywoodstar in Cannes, dachte ich: Michael Douglas. Erfolgreich, wohlhabend, sexy 65 Jahre alt. Hat sich bis heute gut versteckt gehalten in Cannes oder wirklich nicht rausgefunden aus seiner 280 Quadratmeter Suite im Carlton Hotel.

Dann habe ich ihn endlich gesehen, in „Wallstreet 2 Money never sleeps“ und war gleich doppelt überrascht: Der Mann hat ja Falten. Und: gut sieht er damit aus. Doch, wenn Douglas als Gordon Gecko im Film aus dem Gefängnis kommt, ist er grau und ein bisschen verwildert und sehr faltig, aber es steht ihm, so natürlich. Mann, ist der alt geworden, hörte ich auch von meinen Sitznachbarn im Kino. Das ist Hollywood verkehrt herum: Warum sieht ein Schauspieler im Rentenalter im Film noch älter aus? Was ist aus seinem Lifting geworden? Wurde er etwa extra für die Dreharbeiten auf alt geschminkt, also auf noch älter? Sehr merkwürdig. Also habe ich jeden Kampf an der Absperrung zur anschließenden Pressekonferenz auf mich genommen, um selbst einen Blick auf ihn zu werfen. Eine Riesentraube Journalisten drängelte sich, als gäbe es die Goldene Palme umsonst. Ein Engländer duckte sich unter dem Absperrband durch und versuchte wie ein Flitzer beim Fußballspiel, an den beige gekleideten französischen Wachposten vorbei zu hechten, um sich seinen Platz im Raum der Pressekonferenz zu sichern. Stattdessen wurde er geschnappt und zeternd weggeführt. Ein erwachsener Mann. Meine Güte, dachte ich, es ist doch nur Michael Douglas. Mit Falten.

Er kam dann ziemlich unspektakulär: Beiger Anzug, hellblaues Hemd – „hell steht ihm nicht“, urteilte gleich meine Journalistenkollegin streng als wäre sie seine Ehefrau. Aber dafür: ohne wesentliche Falten. OK, ich habe eine dicke Ader neben seinem linken Auge entdeckt, aber sonst sah er ziemlich frisch aus. Äußerlich. Innerlich kam er eher zurückgezogen rüber. Ließ sich kurz und ernsthaft über seine Rolle und die Finanzkrise in Hollywood aus, persönliche Fragen wie die, wie es sich wohl anfühlt, Michael Douglas zu sein, beantwortete er spärlich: „Wer man ist und wie man sich fühlt, ist doch jeden Tag anders“, so Douglas, „ich bin sehr glücklich verheiratet und habe zwei kleine Kinder, die mich auf Trab halten“. Und dann rückte er damit raus, was ihn wirklich interessiert: Die Ölkatastrophe, die Aschewolke und die Reduzierung von Massenvernichtungswaffen. Hm, ich fürchte, da wird er keine Zeit haben, um mich zum Meeresfrüchtesalat an der Croisette einzuladen. Ich frag mal Gordon Gecko.

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