Seit 46 Jahren gelten die „Internationalen Hofer Filmtage“ als das „Familientreffen“ der deutschen Filmbranche. Als dienstältester europäischer Festival-Chef gibt Heinz Badewitz traditionell in der letzten Oktoberwoche im fränkischen Hof an der Saale einen Ausblick auf die kommende Kinosaison. Im Mittelpunkt des Programms stehen zwar vor allem neue deutsche Produktionen, aber auch Bemerkenswertes aus dem Ausland erlebt hier seine Premiere. In diesem Jahr steht mit Rosa von Praunheim ein Regisseur im Mittelpunkt, der seit fast 50 Jahren nicht nur Filmgeschichte geschrieben, sondern mit seinem Engagement für die Emanzipation von Homosexuellen Gesellschaftspolitik gemacht hat.
Das monumentale Werk heißt „Rosas Welt“ und dauert über 20 Stunden, die in den nächsten Tagen im Rahmen der „46. Hofer Filmtage“ uraufgeführt werden: der Regisseur hat daran die letzten zwei Jahre gearbeitet und sich damit bereits zu Lebzeiten ein künstlerisches Denkmal gesetzt. Zum 70. Geburtstag Praunheims wird „Rosas Welt“vom RBB in der Nacht vom 24. Auf 25. November am Stück gesendet. Das Werk besteht aus sechs Kapiteln, die unter Anderem „Starke Frauen“, „Starke Schwule“ oder „Sensible Heteros“ überschrieben sind und Portraits enthalten, die zwischen 10 und 45 Minuten lang sind. Über Praunheims Nachbarn ebenso wie über die Schauspielerin Eva Mattes. Anschließend ist „Rosas Welt“ dann auf DVD zu haben bzw. der Regisseur tourt damit durch bundesdeutsche Kinos.
(Siehe: www.70filme.de, /www.rosavonpraunheim.de)
Praunheim nennt dabei die Dinge beim Namen, charmant, auch wenn es manchmal indiskret erscheint. Zum Beispiel bei einem schwulen Schornsteinfeger aus Berlin-Neukölln, den er fragt, ob er schon mal Sex auf dem Dach hatte…
Rosa von Praunheim, wie man ihn seit 50 Jahren kennt. Doch das ist nur eine Seite von „Rosas Welt“. Da gibt es unter Anderem aber auch das Portrait des caritativ engagierten Berliner Unternehmer-Ehepaars Ulla und Karsten Klingbeil.
Außerdem wird eine polnische Putzfrau vorgestellt, eine junge Modemacherin, ein Türsteher, Stricher oder ein Luxus Zahnarzt vom Kurfürstendamm. Das ergibt ein faszinierendes Panorama unserer Zeit: Annäherungen des großen Menschenfreundes Rosa von Praunheim an die Welt in der wir leben: Jeder Mensch sei per se Interessant und wert portraitiert zu werden, sagte er gestern Mittag zum Auftakt seines großen Alterswerks. Bereits jetzt ein Stück Filmgeschichte.
Und nicht nur das! Wenn man später einmal nach einer authentischen Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse und des Lebensgefühls in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts suchen wird, dann gibt „Rosas Welt“ Aufschluss.
Rosa von Praunheims Ausnahmewerk dominiert natürlich die diesjährigen Hofer Filmtage und macht es den anderen Beiträgern zum Programm nicht gerade leicht. Aber auch da gibt es spannende Neuigkeiten zu entdecken. Zum Beispiel „Playoff“: die Fremdheit türkischer Immigranten in Frankfurt beschrieben aus der Perspektive von Eran Riklis, einem der profiliertesten Israelischen Filmemacher. Oder „Draußen ist Sommer“, der neue Film von Friedericke Jehn.
In der SWR-Koproduktion wird eine moderne Familie aus der Perspektive der Kinder auf den Prüfstand gestellt. Großartig Maria Dragus in der Titelrolle. Nach ihrem Erfolgsdebut „Weitertanzen“ hat Friedericke Jehn mit „Draußen ist Sommer“ ihren zweiten Film gedreht.
Zu den großen Verdiensten der Hofer Filmtage gehört, dass die Begleitung der Entwicklung von Regisseuren über die Jahre zum Programm gehört. Das verbindet Friedericke Jehn mit Rosa von Praunheim…