Bereits nach zweieinhalb Tagen zeigt sich, dass Heinz Badewitz im 45. Jahr seiner „Hofer Filmtage“ ein besonders feines Programm zusammen getragen hat. Das deutsche Kino boomt und rückt in Hof diesmal die internationalen Beiträger an den Rand – im Fiktionalen wie im Dokumentarischen. Da trauen sich vorwiegend junge Filmemacher was! Aber auch die nicht mehr so ganz Jungen suchen nach neuen Ufern.
Carsten Ungers „Bastard“, der Eröffnungsfilm, hat zwar noch einige debut-bedingte Schwächen, ist aber insgesamt überzeugend in seiner Beschreibung von Kindern, die sich nicht mehr länger von ignoranten Erwachsenen belügen lassen. Bis zur letzten Konsequenz. Großartig die jungen Darsteller, die auch auf der Leinwand die Alten in den Schatten stellen. Allen voran Markus Krojer; er hat sich von dem kuffigen Buben aus „Wer früher stirbt, ist länger tot“ zu einem Charakterdarsteller entwickelt, von nahezu beängstigender Aus-drucksstärke.
Einen darstellerischen Parforce-Ritt bietet der Wiener Theater-und Filmemacher Ludwig Wüst in seinem neuen Werk „Tape End“: in nur einer Einstellung, in knapp einer Stunde führt in Echtzeit eine Casting-Sitzung zum dramatischen Ende einer Beziehung – mit Nenad Smigoc, Claudia Martini und Suse Lichtenberger.
Das Ganze hochspannend: man merkt, an dem Film wurde zwei Jahre gearbeitet – und gefeilt!
Den künstlerischen Höhepunkt der ersten Tage verdanken die Hofer Filmtage 2011 Christian Schwochow, der sich 2007 mit seinem „Novemberkind“ großes Regie-Talent vorgestellt hat.
Mit seinem zweiten Film, der nach der Uraufführung in Karlovy Vary in Hof seine deutsche Premiere feierte, hat Schwochow ein weiteres Meisterwerk gedreht. Das Psychogramm einer Schauspielerin, die sich Teils vom Regisseur gedrängt, Teils aus eigener Neugier in die Grenz-regionen ihrer Persönlichkeit vorwagt und dabei an den Rand der Selbstzerstörung gerät.
Selten ist das Wesen der Schauspielerei derart packend und in seiner Detailgenauigkeit überzeugend filmisch beschrieben worden. Die dänische Schauspielerin Stine Fischer Christensen gehört in der Titelrolle zu den Entdeckungen der Saison. Sie ist bisher vor allem in den Filmen Susanne Biers aufgefallen. „Die Unsichtbare“ kommt am 9. Februar 2012 in die Kinos.