USA/Großbritannien 2012
Regie: Sacha Gervasi
Mit Anthony Hopkins, Helen Mirren
Kinostart: 14. März 2013
Alfred Hitchcocks Status als eine Ikone der Filmgeschichte ist unbestritten. Über kaum einen anderen Regisseur wird mehr geschrieben und nachgedacht, als über ihn. Sind die in seinem offenen und versteckten Obsessionen Anlass für Analysen von Historikern und Psychologen gleichermaßen. Dabei hat es Alfred Hitchcock zeitlebens verstanden sein Privatleben und seine persönlichen Gefühle hinter einer Fassade aus Ironie und seinem distanzierten Blick auf sein Werk zu verstecken. Mit britischem Understatement kultivierte Hitchcock sein Image als gemütlicher Dicker, der seine Meisterwerke ganz beiläufig entstehen lässt. Nachdem in der Fachliteratur längst feststeht, dass es sich bei ihm um einen schwierigen Charakter handelte, der von Ängsten und Neurosen getrieben wurde, widmet sich jetzt auch ein Spielfilm der Persönlichkeit des Regisseurs hinter der Fassade. Er heißt „Hitchcock“ und kommt diese Woche in die deutschen Kinos.
„North by Northwest/Der unsichtbare Dritte“: Mit dem ironischen Thriller um einen Werbefachmann, der aus Versehen ins Räderwerk der Geheimdienste gerät, ist Alfred Hitchcock 1959 sein bis dahin erfolgreichster Film gelungen. Das rasante Tempo, das die Handlung bis zur finalen halsbrecherischen Flucht von Cary Grant und seiner Filmpartnerin Eva Marie Saint über die steinernen Präsidentenköpfe des Monuments von Mount Rushmore vorantreibt, begeisterte Publikum und Kritik gleichermaßen. Nur der Meister selbst war mit dem Werk – das inzwischen zum Kanon der Filmgeschichte gehört – unzufrieden: zu glatt, zu bunt, zu artig, findet er. Deshalb soll sein nächster Film ganz anders werden. Ein mit Audrey Hepburn und großem Budget geplantes Projekt wird erst einmal verschoben. Der Zufall will es, das Hitchcock auf den eben erschienen Roman „Psycho“ von Robert Bloch aufmerksam gemacht wird, der seinen Plänen entgegen kommt.
Spontan kauft Hitchcock die Rechte an dem Buch – preiswert für 9000 Dollar. Es beruht auf dem grausigen realen Fall des Frauenmörders Ed Gein, der in den USA Schlagzeilen gemacht hat. Bei Hitchcocks Hausproduzenten Paramount ist man über den Plan entsetzt und lehnt die Produktion ab. Hitchcock wird den Film „Psycho“ daraufhin selbst produzieren. Seine Frau Alma Reville zuerst skeptisch, lässt sich aber dann doch von dem Projekt überzeugen.
Alma Reville ist mit der Hitchcock seit 1926 verheiratet und nicht nur Gattin, sondern meistens auch ungenannte Assistentin und guter Geist im Hintergrund der Produktionen des Monomanen. Bei einer Pressekonferenz stellt Alfred Hitchcock sein neues Projekt Ende 1959 „Psycho“ vor. Wobei es ihm große Freude macht, die anwesenden Journalisten zu schockieren. Dazu gibt er an Hand von gruseligen Polizeifotos aus der Akte des Massenmörders Ed Gein Anschauungsunterricht.
Die Realisierung von „Psycho“ erweist sich dann doch schwieriger als gedacht. Aber der Film wird gedreht – mit wenig Geld und in Schwarzweiß. In den Hauptrollen als Mörder, der weitgehend Anthony Perkins, als sein Opfer Janet Leigh. Für ihr Filmschicksal hat sich Hitchcock etwas ganz besonderes ausgedacht. Er lässt sie bereits nach knapp zwanzig Minuten unter der Dusche ein blutiges Ende nehmen.
Die Duschszene aus „Psycho“ wird ein Meisterwerk der Filmmontage in Kombination mit der genialen Musik Bernhard Herrmanns. Über die komplexe Produktionsgeschichte von Hitchcocks „Psycho“ hat der amerikanische Filmhistoriker Stephen Rebello ein dickes Buch ge-schrieben. Daraus fertigte der englische Filmemacher Sacha Gervasi sein Spielfilm-Debut „Hitchcock“. Das war wohl ein bisschen zu viel für den Anfang. Die aufregende Geschichte der Neupositionierung des großen Alfred Hitchcock gerinnt unter einer überforderten Regie zur betulichen dokumentarischen Seifenoper. Da helfen auch Anthony Hopkins und Helen Mirren als Ehepaar Hitchcock nichts.
Die bei Heyne erschienene deutsche Ausgabe von Rebellos „Hitchcock und die Geschichte von Psycho“ ist zwar nicht sonderlich gut übersetzt, aber lohnt immer noch mehr als der Film. Das Taschenbuch kostet außerdem mit 9.99 so viel wie eine Kinokarte…