Vom 27. September bis 6. Oktober 2012
Das „Filmfest Hamburg“ stand in seinen Anfangsjahren immer etwas auf tönernen Füßen: ein bisschen ambitioniert, ein bisschen mit dem Mainstream liebäugelnd, suchte die Veranstaltung nach seiner Verortung und wurde von der Hansestadt meistens links liegen gelassen. In den letzten Jahren ist das anders geworden. Zusammen mit den Hofer Filmtagen Ende Oktober bildet Hamburg den Abschluss des deutschen Filmjahres. Abgesehen vom „Nachzügler“ Heidelberg-Mannheim im November, das sich mit seiner Integration in die hiesige Filmbranche nach wie vor schwer tut.
Heute Abend wurde das „20. Hamburger Filmfest“ eröffnet – vom Ersten Bügermeister der Stadt, Olaf Scholz. Knapp 150 Filme stehen in den nächsten Tagen auf dem Programm. Die Bezeichnung der Sektionen sprechen für sich und künden vom Stil dieses Filmfestivals: „Nordlichter“, „Drei Farben Grün“, „Vitrina“, „Voila!“, „Quebec DeLux“.
Jawohl, das „Hamburger Filmfest“ ist unter den vergleichbaren Veranstaltungen „DeLux“ und das bei einem vergleichsweise bescheidenen Budget. Ganz nach feiner Hamburger Art – weitläufig und mit enorm viel Eleganz. Kein Wunder, wenn die Fäden ein Weltbürger par excellence in Händen hält: Albert Wiederspiel! Aus jüdischer Familie in Polen geboren, in Dänemark aufgewachsen, in Belgien sozialisiert und in Deutschland groß geworden – vom Pressesprecher der Fox, über Polygram und Tobis nach Hamburg.
In seiner faszinierenden Persönlichkeit verbindet sich der hochgebildete Cineast mit dem pragmatischen Manager. Wobei ein Hauch von Luxus schon immer dabei ist. Wie gesagt, man hat Stil! Und das ist beim „Hamburger Filmfest“ bis in kleine Details der Flyer nicht zu übersehen.
Deshalb konnte es sich Wiederspiel heute Abend bei der Eröffnung im Cinemaxx am Dammtor leisten, Trepp auf und Trepp ab 20 Blumensträuße an verdiente Begleiter auf dem Weg der 20 Jahre Filmfest zu verteilen – wobei nicht zu über sehen war, dass der Festivalchef im nächsten Jahr dringend seine Kondition verbessern muss.
Grandezza allein hilft nicht – zumindet nicht auf Dauer. Dabei lässt sich an der Außenalster bei Uhlenhorst (da liegt Wiederspiels Hamburger Domizil) wunderbar joggen! Also Albert, rein in die Laufschuhe und los gehts – natürlich mit Gustav…
Nach der Wiederspiel-Performance dann der Eröffnungsfilm: ein Juwel, der bereits beim diesjährigen „Sundance Film Festival“ beeindruckte. „Valley of Saints“, den der in Amerika lebende Regisseurs Musa Syeed in seiner Heimat Kaschmir gedreht hat. Mit Laien an Originalschausplätzen realisiert, erlebt der Zuschauer die Zu-standsbeschreibung eines Landes am politischen und gesellschaftlichen Abgrund. Es ist der erste Film, der in diesem Land realisiert wurde und in dem es kein Kino gibt. Ein Film, auf den zurückzukommen sein wird, wenn er in die deutschen Kinos kommt. Erstaunlicher Weise hat „Valley of Saints“ mit Kairos tatsächlich einen Verleih ge-funden!
Zum Hintergrund des Filmfestes Hamburg und seines Direktors: Albert Wiederspiel im Gespräch:
[media id=246 width=320 height=20]