Frankreich/Italien 2011
Regie: Nanni Moretti
Mit Michel Piccoli, Jerzy Stuhr, Renato Scarpa, Ulrich von Dobschütz
Kinostart: 8. Dezember 2011
Nanni Moretti gehört gegenwärtig zu den vielseitigsten und originellsten Talenten des europäischen Kinos. Sein künstlerisches Spektrum reicht von eleganten Komödien bis zur Beschreibung existenzieller Traumata. Dabei ist Morettis persönliche Handschrift immer unverkennbar. Jetzt hat er eine Satire auf die Bürokratie des Vatikans gedreht. In seiner Heimat Italien ist sein im Laufe der letzten Monate mehrfach ausgezeichneter „Habemus Papam“ kontrovers diskutiert worden. Diese Woche läuft der Film in den deutschen Kinos an.
Wer wird der neue Papst? Das Konklave tut sich schwer. Tausende warten auf dem Peterplatz auf das Ergebnis. Endlich steigt weißer Rauch auf. Die Menge jubelt:
Kardinal Melville (Michel Piccoli) ist zum neuen Papst gewählt worden. Ein Greis, der damit nicht gerechnet hat und erschrocken die Flucht ergreift, als er vom Balkon des Vatikans aus, zu den Gläubigen sprechen soll. Der Sprecher des Konklaves versucht mit warmen Worten Melville zur Erfüllung seiner Amtspflichten zu bewegen.
Aber: nichts zu machen. Es sind die Nerven. Während offiziell von einer vorübergehenden Unpässlichkeit des Heiligen Vaters die Rede ist, wird hinter den Kulissen fieberhaft nach Wegen aus der Krise ge-sucht. Schließlich wird ein Psychiater gebeten, Melville zur Einsicht in sein Schicksal zu bringen. Eine delikate Aufgabe. Die freilich auch nur bedingt weiter hilft.
Wer von „Habemus Papam“ eine schrille Papst-Satire erwartet, wird enttäuscht werden. Nanni Moretti erweist sich auch diesmal wieder als Meister der leisen Töne. Nicht die aktuellen Skandale in der Katholischen Kirche lagen ihm am Herzen, sondern Grundsätzliches:
„Ich wollte nicht, dass mein Drehbuch eine Aneinanderreihung von Zeitungsartikeln wird, die in den letzten Jahren über die diversen Skandale innerhalb der Kirche veröffentlicht worden sind. Durch das Internet und das Fernsehen…also, wer wissen will kommt an die Informationen ran, die er braucht. Es hat mich nicht interessiert, den Zuschauer durch einen schlechten Film das zu erzählen, was er bereits weiß…“
„Habemus Papam“ ist ein guter Film geworden. Er beschreibt die Innenansicht einer kafkaesken Bürokratie, die aus dem Takt gerät, als sich der designierte Papst weigert, sein Amt anzutreten. Michel Piccoli spielt den Unglücklichen mit der Noblesse eines großen Schauspielers. Er sorgt für die menschliche Note in einer grotesken Tragikomödie, die von der ersten bis zur letzten Minute fesselt – selbst den eingefleischten schwäbischen Pietisten!