Bei aufmerksamer Betrachtung der amerikanischen Filmszene in den letzten Monaten war klar, wer der Favorit in diesem Jahr sein würde. Bei allen nationalen Preisen (von der „Boston Society of Film Critics“ bis zum „New York Film Critics Circle“) dominierte „The social Network“ von David Fincher. Da folgte zwangsläufig die Auszeichnung mit dem „Critics‘ Choice Award“ der Dachorganisation der amerikanischen Filmkritiker am Freitagabend für Fincher und seinen Drehbuchautoren Aaron Sorkin. Diesem Votum schlossen sich die ca 100 Mitglieder der „Hollywood Foreign Press Assoiation (HFPA)“ mit ihren „Golden Globes“ für die Dokufiction über die Gründung der Internetplattform Facebook an. Zwar war nach der Premiere die eine oder andere historische Unstimmigkeit moniert worden, aber ansonsten begleitete den Film allgemeines Wohlwollen.
Facebook-Vater Mark Zuckerberg sprach von „reiner Fiktion“ und wollte sich zum Film weiter nicht äußern. Facebook verweigerte der Produktion und dem Regisseur den Zugang ins Internet, um für ihren Film zu werben. Die von Zuckerberg geschassten Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss bezeichneten dagegen Finchers Film als „absolut authentisch“.
In Deutschland versank „The social Network“ trotz ebenfalls wohlmeinender Kritiken nach dem Start (am 7. Oktober 2010) kurzfristig im Nirvana des Kinoalltags. Es handelt sich dabei eben um einen amerikanischen Film über eine neue Wirklichkeit des amerikanischen Traums: ein Außenseiter schafft es mit Wildwest-Methoden zum jüngsten Milliardär!
Das ist Labsal für die geknickte amerikanische Seele: nachdem es mit dem Weltherold in Sachen Kultur, Politik und Militär in letzter Zeit nicht mehr so recht klappen wollte, beglückte ein Amerikaner die Welt via Internet segensreich mit Facebook.
Nicht nur die US-Filmkritik, sondern auch die Mitglieder der „American Academy of motion picture arts and sciences“ sehen ihre vornehmste Aufgabe in der Würdigung des Zeitgeistes im Angesicht der Verhältnisse in ihrem Lande. Deshalb ist davon auszugehen, dass „The social Network“ auch zu „Oscar“-Ehren kommt!
Während es sich bei Finchers Film um ein (für diesen Regisseur) arg konventionelles, um nicht zu sagen biederes Werk handelt, mit dem er unter seinen Möglichkeiten blieb, sind die künstlerischen Leistungen von Colin Firth (in „The king’s speach“) und Natalie Portman (in „Black swan“) überdurchschnittlich und deshalb eines „Golden Globe“ würdig. Auch sie dürfen schon einmal ein Plätzchen auf dem heimischen Vertiko für einen „Oscar“ frei räumen….