
Alexander Fehling als Goethe (Bilder: Warner)
Regie: Philipp Stölzl
Mit Alexander Fehling, Miriam Stein, Moritz Bleibtreu, Volker Bruch, Burghart Klaußner, Henry Hübchen
Kinostart: 14. Oktober 2010 (Warner)
Philipp Stölzl ist einer der vielseitigsten Regisseur der Republik. Er drehte Video-Clips über Madonna, inszeniert Opern in Berlin, Salzburg und Stuttgart. Zurzeit probt er hier „Die Fledermaus“. Bevor die Operette Ende des Monats Premiere hat, kommt diese Woche Philipp Stölzls neuer Film „Goethe“ in die hiesigen Kinos. Nach „Baby“ (2002) und „Nordwand“ (2008) sein dritter Spielfilm.
Johann Wolfgang Goethe (Alexander Fehling) ist 22 und nimmt es mit seinem Jura-Studium in Straßburg nicht sehr genau. Er sieht sich weniger als Advokat, denn als Dichter. Leider ist er im einen wie im anderen Fach ziemlich erfolglos: Johann versagt bei der Doktorprüfung, sein mit viel Herzblut und ebenso vielen Kraftausdrücken geschriebenes Drama „Götz von Berlichingen“ findet keinen Verleger. Da reißt Vater Goethe (Henry Hübchen) der Geduldsfaden, er streicht dem Filius das Taschengeld und drängt zu „ordentlicher“ Beschäftigung.

Bleibtreu mit Perücke
Die findet sich am Reichskammergericht in Wetzlar – also in der düstersten Provinz. Da lernt Jung-Goethe die Wirklichkeit auf einem deutschen Amt kennen. Sein Vorgesetzter, Gerichtsrat Kestner (Moritz Bleibtreu), lässt nichts unversucht, um seinem jungen Mitarbeiter das Leben schwer zu machen. Doch dann freundet man sich an.

Bedingter Trost bei Lotte (Miriam Stein)
Immerhin gibt es für Johann auch Freizeit von der Fron im Amt: eines Tages lernt er dabei eine zauberhafte junge Frau in seinem Alter kennen. Sie heißt Lotte (Miriam Stein)). Die beiden verlieben sich. Dummerweise ist Lotte aber Gerichtsrat Kestner versprochen.
Ganz Stürmer und Dränger geraten Goethe und Kestner wegen Lotte aneinander, es folgt ein illegales Duell. Dabei kommt zwar keiner von Beiden zu schaden, aber Jung-Goethe wandert in den Knast. Hier schreibt er „Die Leiden des jungen Werthers“:

Johann Wolfgang Superstar
Der „Werther“ wird ein Bestseller und Goethe über Nacht zum schreibenden Superstar. Das ist unbestritten: ansonsten sind Philipp Stölzl und seine Drehbuchautoren Christoph Müller und Helge Sasse ziemlich frei mit dem tatsächlichen biographischen Hintergrund Goethes umgegangen, vor dem der „Werther“ entstanden ist. Natürlich gab es kein Duell zwischen Kestner und Goethe. Ganz im Gegenteil: Kestner hätte Goethe gerne die kesse Lotte überlassen, worauf der Hals über Kopf aus Wetzlar verschwand. Der „Werther“ entstand auch nicht im Kerker, sondern im komfortablen Ambiente von Goethes Frankfurter Elternhaus.
Für seinen „Goethe“-Film half Philipp Stölzl zwischen Dichtung und Wahrheit der Historie bisweilen dramaturgisch auf die Beine – da wurde gerafft, das eine oder andere Bonbon hinzugefügt. Erstaunlicher Weise macht das aber nichts. Verleiht dem Ganzen sogar Witz und Tempo.
Philipp Stölzls Erfahrung mit schwierigen Stoffen und seiner souveränen Führung der Schauspieler ist es zu verdanken, dass das Experiment eines schlanken Jung-Goethe-Psychogramms auf der Leinwand überzeugt. Mit dem hochtalentierten Alexander Fehling in der Titelrolle stand Stölzl eine Idealbesetzung zur Verfügung, ebenso mit Burghart Klaußner als Lottes Vater. Nach seinem peinlichen Auftritt als Goebbels in Roehlers „Jud Süss“ versöhnt schließlich Moritz Bleibtreu in der Rolle eines verknöcherten Kestner. Alles in allem ist „Goethe“ ein unerwartet erfrischender Film über einen Klassiker!

"Erst ein Kuss, dann ein Du, Du,Du immerzu": das Plakat zu Stölzls Stuttgarter "Fledermaus"
Danach darf man erst recht gespannt sein, was Philipp Stölzl an der Stuttgarter Oper aus Johann Strauss‘ ohrwurmseligen „Fledermaus“ gemacht hat. Die Premiere am 30. Oktober ist zwar schon ausverkauft, aber bis ins neue Jahr findet sich bestimmt eine weitere Gelegenheit. Herbert Spaich hat sich in Stuttgart mit Philipp Stölzl über „Goethe“ und „Die Fledermaus“ unterhalten:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Film über einen der großen deutschen Dichtern ist sicherlich etwas besonderes. Warum muß aber die Titelmusik dazu in ENGLISCHER Sprache gesungen werden?
Ein Sprachpurist bin ich sicherliche nicht, dennoch fällt es mich schwer jedes „Denglish/Germish“ mitzumachen. Der Film mag sicherlich gut sein, mit intersanten Schauspielern, doch ich werde diesen Film sicherlich nicht sehen.
Also wer behauptet denn ständig moritz bleibtreus auftritt als goebbels wäre peinlich gewesen.
Das ist nonsens (!) Er war hervorragend, genauso wie der ganze film. Schauspielerisch sehr gut und bitte nicht vergessen, es war keine dokumentation sondern ein film. !!!