Deutschland 2011
Regie: Martin Gerner
Kinostart: 15. März 2012
Die Provinz Kunduz rückte in den letzten Tagen durch Angela Merkels Stippvisite bei deutschen Soldaten in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Ins Zentrum des Krieges rückte die Region ohnehin längerer Zeit. Nicht zuletzt durch die katastrophale Fehlentscheidung eines deutschen Offiziers, zwei von den Taliban entführte Tanklaster bombardieren zu lassen. Dabei starben 140 un-beteiligte Zivilisten. Am vergangenen Wochenende richtete ein amerikanischer Soldat in Kandahar ein Blutbad an. Die Reaktion der unterschiedlichen afghanischen Milizen lässt in solchen Fällen nicht auf sich warten. Wie man unter diesen Bedingungen leben kann, wie der Alltag der Zivilbevölkerung aussieht, darüber ist kaum etwas bekannt. Einen Blick hinter die Schreckensmeldungen der Nachrichten-Sendungen gibt der langjährige Afghanistan-Experte Martin Gerner in seinem Dokumentarfilm „Generation Kunduz. Der Krieg der Anderen“. Der mehrfach ausgezeichnete Film kommt jetzt in die Kinos.
Mirwais ist zehn. Morgens ist er als Schuhputzer in Kunduz unterwegs, um seine Familie zu ernähren. Nachmittags geht er in die Schule: Mirwais sagt: wenn ich mehr Zeit hätte, könnte ich mehr lernen. Ein kluges Kind mit einem wachen Blick auf die Verhältnisse. Er hofft – so wörtlich – das sich sein unglückliches Leben eines Tages bessern wird…
Weniger aus Neigung, sondern um Geld zu verdienen, arbeitet die 18jährige Nazanin bei einem lokalen Radiosender für Frauen. In ihrer Sendung erfüllt sie Musikwünsche ihrer Hörer oder berichtet von Weiterbildungsinitiativen für Frauen. Ihre Familie ist gegen ihren Job. Einerseits weil Journalistin als unziemlicher Beruf für eine Frau gilt, anderseits weil Nazanin damit die Aufmerksamkeit der gefürchteten Taliban erregen könnte. Deshalb trägt sie in der Öffentlichkeit die Burka…
Ghulam ist 19 schätzt schrille Jackets und träumt nicht nur von einer Karriere als Filmemacher. Er macht sich mit einer kleinen DV-Kamera in den Straßen von Kunduz an die Arbeit zu seinem Spielfilmdebut. Einem Melodram nach indischem Vorbild. Ghulam spielt selbst die Hauptrolle. Er wird von Mitgliedern einer Theatergruppe unterstützt.
Martin Gerner hat mit „Generation Kunduz“ einen leisen, verhaltenen Film über eine Generation mutiger junger Afghanen gedreht, die zwischen den Fronten einen neuen Anfang wagen.
Es zeigt sich, das Martin Gerner die Generation Kunduz seit Jahren kennt und nicht wie ein Reporter eben im Vorbei gehen kennen gelernt hat. Sein Film zeigt den Alltag in Afghanistan mit einer Tiefenschärfe, wie sie das Fernsehen nicht bietet. Umso befremdlicher ist der Umstand, dass sich kein deutscher Fernseh-Sender an der Finanzierung dieses enorm wichtigen, auch formal ausgezeichnet gestalteten Dokumentarfilms beteiligt hat. Hier besteht Nachholbedarf, zumal „Generation Kunduz“ das Schicksal vieler sehenswerter Film droht, denen kein Millionen-Werbe-Budget zur Verfügung steht: sie gehen im unübersehbaren Filmangebot unter… Das wäre schade, denn diesen Film muss man gesehen haben, um in Sachen Afghanistan mitreden zu können! Weitere Infos zum Film und seinen Kinoeinsatz unter www.generation–kunduz.de/
Martin Gerner im Gespräch:[media id=242 width=320 height=20]