„19. Hamburger Filmfest“ eröffnet
Im Dammtor- Kino „Cinemaxx“ ist heute Abend das Filmfest 2011 eröffnet worden. Der größte Saal des Hauses war bis auf den letzten Platz besetzt, als Festivalchef Albert Wiederspiel charmant und enorm geistreich Programmatisches und Denkwürdiges der bis zum übernächsten Wochenende dauernden Filmschau mit auf den Weg gab.
Programmatisch in der Tat, der Eröffnungsfilm: nicht der gegenwärtige amerikanische Filmhit No. 1 „The Help“ – der folgt im Laufe der nächsten Woche – sondern Mohammad Rasoulofs „Auf Wiedersehen“. Die verstörende Innenansicht des Alltags im Iran hat bereits in Cannes Betroffenheit ausgelöst.
„Man muss in dieser Zeit ein Filmfestival mit dem Iran eröffnen“, betonte Wiederspiel. „Als Verpflichtung einer Welt gegenüber, in der es brodelt“. Das heißt „Stellung beziehen“ – selbst wenn man damit nicht wenige Besucher der Eröffnungsvorstellung überfordert. Aussicht auf einen Filmverleih in der Bundesrepublik hat „Auf Wiedersehen“ ohnehin kaum.
Das „Filmfest Hamburg“ solle damit auch ein „Zeichen gegen die fortschreitende Boulevardisierung der Kultur setzen“, betonte Wiederspiel weiter und verwies – ganz nebenbei – auf den poliglotten Geist seines Judentums. Immerhin wurde heute das jüdische Neujahrsfest gefeiert. Eine schöne Geste!
Die hat auch Regisseur Rasoulof verstanden, der es gewagt hat, seinen Film nach Hamburg zu begleiten. Er hielt sich – ebenso wie seine Hauptdarstellerin Leyla Zareh – betont bedeckt: „Entschuldigte“ sich dafür, sein Land in „Auf Wiedersehen“ so „düster“ dargestellt zu haben und versprach, sich in Zukunft um „sonnigere Seiten“des Irans zu bemühen…
Flankiert von einem finster blickenden Bodyguart gab anschließend der neue Erste Bürgermeister der Stadt Hamburg, Olaf Scholz, seinen cineastischen Einstand. Sein Refernt hatte ihm Godards Weisheit von den 24 Mal Wahrheit in der Sekunde aufgeschrieben. Der im Gegensatz zu seinem Vorredner nicht mit Esprit gesegnete Politiker wusste damit nicht so recht etwas anzufangen. Fand rhetorisch aber den Bogen zu den „Großstädten als Laboratorien der Moderne“. Natürlich mit Hamburg als Vorrreiter.
Vermutlich meinte er damit die Dauerbaustelle Elbphilharmonie. Inwieweit in diesem Labor der Film oder gar die bescheidene Finanzierung des Filmfestes eine Rolle spielt, ließ Scholz offen. Immerhin versprach er, den „Blick nach vorne“ zu richten und wünschte „ein rauschendes Filmfest“.
Den musikalischen Part der Eröffnung bediente Inga Busch mit ihrem Trio „Taste“. Das passte als wunderbar schräger Kontrast durchaus ins Programm. Mit einer immerhin im Ansatz originellen Paraphrase auf Hans Albers und seinen „Kapitän, nimm mich mit auf die Reise“ und einem lasiv-emanzipatorischen „Schlaf bei mir“ zeigte sie ihre Ambitionen.
Unterm Strich lieferte Inga Busch jedoch den Beweis, dass eine gute Schauspielerin („Bibi Blocksberg“), nicht zwangsläufig eine gute Sängerin sein muss. Da hilft auch kein noch so krasser Rock-Sound, bei dem der Subwoofer noch Minuten später brummt…
Aber auch das hatte seinen Charme! Ebenso wie die Party in der ehemaligen Hamburger Oberpostdirektion vis-á-vis. Besonders interessant die Wiederholung des Roten-Teppich-Aufgebots vor der Sponsoren-Tapete: Geschmeichelt ließen sich Hamburger Lokal-Stars, junge Mitwirkende von Vorabend-Serien und alte Helden des hanseatischen Feuilletons wie der unermütliche Helmuth Karasek von zahlreichen Fotografen ablichten. Besonders gefragt war ein blonder Rauschgold-Engel – etwas blass, aber auf atemberaubenden High Heels. Er hat schon mal bei Fatih Akin mitgespielt…
Aus dem Süden der Republik waren MfG-Förderchefin Gabriele Rötemeier aus Stuttgart und Stephan Paul vom Tübinger Arsenal-Filmverleih angereist, dem zum Geburtstag gratuliert werden durfte!
Also: bereits zum Auftakt – ein volles Programm beim Filmfest Hamburg 2011.