Nachdem alkoholisierte Fußballfans mit beträchtlicher Gewaltbereitschaft vor und nach den Spielen europaweit die Großstädte unsicher machen und zeitweilig polizeiliche Großeinsätze provozieren, hat seit einiger Zeit auch der Film die so genannten Hooligans entdeckt. Dabei handelt es sich in der Regel um semidokumentarische Beschreibung einer Subkultur, in der vorzugsweise junge Männer ihren Frust abreagieren, der sich im Laufe der Woche aufgestaut hat. Wobei sich die Grenzen zwischen besorgter Beschreibung und Gewaltpornographie gelegentlich verwischen. Dazu ein Blick in das gegenwärtige DVD-und Blu-ray-Angebot:
Mit „Hooligans“ brachte der englische Regisseur Lexi Alexander 2005 den Prototyp dieses neuen Fußballfilm-Genres auf den Weg. Dabei geht es weniger um Sport als um die Beschreibung eines Lebensgefühls, in dem Hass und Gewalt eine wesentliche Rolle spielen: der sensible Matt, dem das Leben übel mitgespielt hat, gerät in einen Fanclub des Londoner Fußballvereins „West Ham United“. Nach dem Besuch eines Fußballspiels gibt es regelmäßig Randale mit den Fans anderer Vereine. Eine Solidargemeinschaft mit Kameradschaft und einem eigenen Ehren-Kodex gibt den Mitgliedern Halt und Heimat in einer unübersichtlichen Welt. Da wird nicht nach Recht oder Unrecht gefragt. Hauptsache man gehört dazu. Alexander betrachtet seine Protagonisten nicht ohne Sympathie. Versucht aber moderat zu erklären, welche Wurzeln die Gewalt hat. Dabei ist die Besetzung der Hauptrolle mit Elijah Wood mit Bedacht gewählt. Der sympathische junge Schauspieler mit dem Babyface ist später durch „Herr der Ringe“ bekannt geworden. „Hooligans“ gibt es von Ascot Elite auf DVD.
In einem ähnlichen Milieu und mit denselben Stilmitteln wie „Hooligans“, von dem es inzwischen mehrere (schwer erträgliche) Fortsetzungen gibt, beschäftigte sich „The Football Factory“ als weitere englische Produktion ebenfalls 2005 mit diesem Phänomen. Nick Love führte Regie und zwar in der Tradition von Ken Loach oder Mike Leigh – ihrem direkten Blick auf Menschen am Rande der Gesellschaft. So geht es auch den Mitgliedern der „Firma“ – so der Name des Fanclubs – in erster Linie um Gemeinschaft und persönliche Anerkennung in der Gruppe: Erst als Tommy bei einer Schlägerei ernsthaft verletzt wird, stellt er sich die Sinnfrage. Bei Kinowelt ist „The Football Factory“ eben als Blu-ray mit umfangreichem, gegenüber der DVD-Version allerdings unverändertem Bonusteil veröffentlicht worden. Außerdem auf drei DVDs sämtliche Folgen der nicht unproblematischen Doku-TV-Serie „International Football Factories“. Danny Dyer, Hauptdarsteller des Kinofilms „Football Factories“ reist zum Besuch einschlägiger Gangs quer durch Europa.
„Awaydays“, einer der neuesten Spielfilme zum Thema Hooligans, bemüht um Differenzierung und dabei auch um einen neuen Blickwinkel. Regisseur Pat Holden hat seinen Film in den 1970er Jahren in Liverpool angesiedelt – erzählt gewissermaßen eine Vorgeschichte zu der zeitgenössischen Hooligan-Bewegung. Dabei fällt eine betont nüchterne Beschreibung des Massensports Fußball und die eskalierende Gewaltbereitschaft der Zuschauer angenehm auf. Das wird in den Extras durch Interviews mit den Machern weiter vertieft. Auf DVD und Blu-ray gibt es den Film von Kinowelt.
Für Alle, denen die heile Fußballwelt ohne Gewalt und Skandale am Herzen liegt, hat Senatorfilm Sönke Wortmanns betulich nostalgisches „Wunder von Bern“ auf DVD neu aufgelegt – inzwischen fast schon ein Klassiker des Fußballfilms. Da reisen Vater und Sohn zur Fußball-weltmeisterschaft nach Bern und erleben große Augenblicke. Regisseur Wortmann als ehemaliger Fußballer hat sich damit als liebevoller Chronist vorgestellt – wie es den „Kicker“-Lesern und dem DFB gefällt. Den Erfolg dieses Films topte Wortmann später mit seiner formal so schlicht wie kommerziell erfolgreichen WM-Dokumentation „Deutschland – ein Sommermärchen.
Eine Gesellschaft in der Gesellschaft der Fußballer sind die Schiedsrichter. Sie haben dafür zu sorgen, dass der runde Ball von Spielern angemessen behandelt wird und das Spiel einigermaßen fair über die 90 Minuten geht. Mehr über den wenig beneidenswerten Berufsstand des Schiedsrichters erfährt man in dem ausgesprochen interessanten Dokumentarfilm „Referees at work“ von Yves Hinat. Es gibt ihn innerhalb der „11 Freunde Edition 2“ von Kinowelt oder einzeln via Internet direkt vom Produzenten (Refereesatwork.com).
Als deutsche DVD-Premiere präsentiert Kinowelt „Maradona by Kusturica“ – eine schräge Dokumentation des serbischen Star-Regisseurs Emir Kusturica über den in die Jahre gekommenen argentinischen Fußballstar Diego Maradona. Der Regisseur spielt mit eigener Band die Musik dazu. Begleitet sein Idol durch die Welt und vermittelt dabei reichlich eigene Lebens- und Fußballphilosophie.
Eine Perle der modernen Filmkunst ist „Offside“ des iranischen Regisseurs Jafar Panahi, mit dem er auf der Berlinale 2006 für Aufsehen sorgte. Es geht um eine fußballbegeisterte junge Frau, die unter allen Umständen zu einem Schlagerspiel in das Stadion von Teheran will. Frauen ist aber im Iran der Besuch solcher Veranstaltungen verboten. Panahi erregte mit „Offside“ nicht zum ersten Mal den Argwohn der iranischen Zensur. Der Film ist nach wie vor im Iran verboten. Der Regisseur war bis vor kurzem wegen eines neuen, angeblich regimekritischen Filmprojekts mehrere Monate in Haft. Erst nach massiven internationalen Protesten ist Panahi auf Kaution aus dem Gefängnis entlassen worden.
Im Moment gibt es „Offside“ nur innerhalb der „11 Freunde Edition“. Die Einzel-DVD kündigt Kinowelt für Oktober an. Ebenfalls in der „11 Freunde Edition 2“: Neuauflagen von „Spiel der Götter“ über Tibetische Mönche und ihre Fußball-Leidenschaft und von „Die besten Frauen der Welt“, Britta Beckers ironische Doku über Frauen-Power auf dem Fußballfeld.
Die „11 Freunde Edition 2“ kostet rund 42 Euro. Die Neuauflage von „Wunder von Bern“ zwischen 10 und 17 Euro, die TV-Serie „International Football Factories“ 20 Euro, der Kinofilm „The Football Factory“ 9 Euro als DVD und 19 die Blu-ray-Version. „Hooligans“ schließlich 7 bzw. 15 Euro.