Deutschland 2010 – Regie: Gerardo Milsztein
Gewalttätige Jugendliche machen immer wieder Schlagzeilen: Anscheinend nicht zu bremsen machen sie erst als Schläger, dann als Straffällige eine negative Karriere am Rande unserer Gesellschaft. Dass es mit „Wegsperren“ nicht getan ist, wie ein ehemaliger Bundeskanzler empfohlen hat, darüber sind sich die Experten einig. Aber was dann? Ein unkonventionelles Projekt, das der Tischlermeister Rupert Voß in Taufkirchen mit großem Erfolg auf den Weg gebracht hat, bietet Perspektiven. Mit seiner „Work and Box Company“ kann Voß eine Erfolgsquote von 80 Prozent vorweisen. Die Arbeit dieser Rehabilitations-Initiative für hoffnungslose Fälle dokumentiert der Film „Friedensschlag“ von Gerardo Milsztein. Einer von ihnen ist Eftal.
Es schien, als sei Eftal nach einer typischen „Karriere“ bereits mit Anfang 20 am Ende: Migrationshintergrund; ein gewalttätiger Vater, der das Kind misshandelte. Eine überforderte Mutter, die in ständiger Angst vor ihrem Mann lebte, bis sie sich schließlich von ihm trennte. Schulversagen bei Eftal, er prügelt und wird straffällig. Nach mehreren Gefängnisaufenthalten kam er in die Work and Box Company von Rupert Voß.
Eftal Sen lernte in der „Work and Box Company“, dass er kein hoffnungsloser Fall ist. Beginnt eine Ausbildung, findet für sich Lebens-Perspektiven. Vor dem Kinostart stellte Eftal Sen zusammen mit den Filmemachern „Friedensschlag“, der seine Entwicklung dokumentiert, auch in Stuttgart persönlich vor. Bei dieser Gelegenheit reflektierte ein nachdenklicher junger Mann zum ersten Mal in einem Rundfunkstudio seine Erfahrung. Bei diesem Gespräch – zu hören am kommenden Wochenende in der Sendung SWRcont.ra Film – wurde deutlich, dass Vertrauen ein Schlüssel des Erfolgs der Work and Box Company ist.
Nur, das sagt sich leicht und tut sich schwer – vor allem wenn man es mit traumatisierten Jugendlichen zu tun hat, die im Zweifelsfall blindwütig um sich schlagen. Auch das zeigt Gerado Milsztein in seinem Dokumentarfilm „Friedensschlag“: die tägliche Herausforderung von Rupert Voß und seinen Mitarbeitern, ihrem schwierigen Klientel gerecht zu werden. Wie hoch muss die Frustrationstoleranz der Therapeuten sein, um nicht selbst irgendwann die Beherrschung zu verlieren? Welches Selbstverständnis gehört dazu?
Der Film „Friedensschlag“ dokumentiert zurückhaltend und mit großer Sympathie für alle Beteiligten ein überzeugendes pädagogisches Konzept, das unsentimental Hoffnung macht. Ein wichtiger Beitrag zur Lösung eines beunruhigenden gesellschaftlichen Problems. Indirekt ist sowohl die „Work and Box Company“ als auch ihre filmische Bestandsaufnahme ein Appell an uns alle, einzugreifen, bevor das „Kind in den Brunnen“ fällt …