Humphrey Bogart lebte von 1899 bis 1957 und ist bis heute eine der amerikanischen Kinolegenden schlechthin: bei seiner Erwähnung denkt der Filmfreund spontan an „Casablanca“, „African Queen“ oder „Der Malteser Falke“. Dabei begann Bogart bereits 1920 beim Film und war bis zu seinem Tod in mehreren Dutzend Rollen auf der Leinwand zu sehen. Die Filme sind fast alle vergessen. StudioCanal hat in einer Doppel-DVD-Box zwei dieser kaum bekannten Bogart-Filme veröffentlicht: „Mr. Dodd geht nach Hollywood“ von 1937 und „Der Tiger“ aus dem Jahr 1951.
Humphrey Bogart war bereits 42, als ihm mit der Rolle des Sam Spade in „Die Spur des Falken“ der Aufstieg in die erste Liga der Hollywood-Stars gelang. Davor arbeitete er über zwei Jahrzehnte als Nebendarsteller in den unterschiedlichsten Genres. So auch in „Stand in“ von 1937 – Regie: Tay Garnett. In Deutschland wurde der Film bisher als „Mr. Dodd geht nach Hollywood“ nur im Fernsehen gezeigt. StudioCanal veröffentlicht ihn unter diesem Titel als DVD-Premiere.
In dieser listigen Komödie über die Beziehung zwischen einer finanziell klammen Filmproduktionsfirma und einem Bankhaus im Hintergrund. Bogart verkörpert einen Produzenten mit erheblichen Alkohol-Problemen.
Es hat sich bis zur Hausbank der Firma in New York herum gesprochen, dass ein Desaster bei der Produktion eines neuen Films droht, die auch noch „Sex und Satan“ heißen soll. Am Einfachsten wäre es, dem Unternehmen einfach den Geldhahn abzudrehen, aber dann verliert man ein Standbein in der Filmbranche. Deshalb wird der junge Banker Attenbury Dott (Leslie Howard) nach Hollywood geschickt, um sich vor Ort ein eigenes Bild von den verworrenen Verhältnissen zu machen und das Studio kommissarisch vor dem Bankrott zu retten.
Dodds schlimmste Erwartungen werden von der Realität weit übertroffen. Von parasitären Trittbrett-Fahrern bis zu ehrgeizigen Müttern, die ihre kleinen Töchter als Shirley Temple-Kopien verhökern wollen. Eines steht fest, in diesem Dschungel braucht der Neuling einen Guide, um nicht unter zu gehen.
Dodd bekommt von der kessen Lester Plum (Joan Blondell) einen Crashkurs in Sachen Wer-ist-Wer in Hollywood und wer versucht wen über den Tisch zu ziehen. Viel Arbeit für den gewissenhaften Banker, der in diesem Sumpf ein Unternehmen sanieren soll:
„Stand in“ bzw. „Mr. Dodd geht nach Hollywood“ ist eine erstaunlich selbstkritische Satire auf den Jahrmarkt der Eitelkeiten Hollywood, der von Profil-Neurotikern und Halbkriminellen bevölkert wird. Die Hauptrollen spielen Joan Blondell und Leslie Howard. Damals aufstrebende Jungstars. Howard ist heute in erster Linie durch seine Rolle als Ashley Wilkes in „Vom Winde verweht“ ein Begriff, der zwei Jahre nach „Stand in“ gedreht wurde. An Leslie Howard Seite zeigte Humphrey Bogart, dass er auch über komödiantische Talente verfügte. Natürlich am Besten in der Originalfassung.
Vorzügliche Schauspieler, ein geistreiches Buch und eine schwungvolle Regie haben aus „Stand up“ ein originelles Zeitgeiststück gemacht, das einen durchaus authentischen Eindruck von der Rückseite der „Traumfabrik“ in den schwierigen 1930er Jahren vermittelt. Interessant auch deswegen, weil es sich dabei um einen der wenigen Hollywoodfilme der Zeit handelt, der sich kritisch mit der Verschärfung der Zensur durch den sogenannten „Hays Code“ auseinandersetzt.
„The Enforcer/Der Tiger“ entstand 1951: Jetzt steht Humphrey Bogart an erster Stelle bei den Credits. Trotzdem gehört der von dem Theaterregisseur Bretaigne Windust zusammen mit Raoul Walsh gedrehte Gangsterfilm zu den weniger bekannten Arbeiten des Schauspielers.
Er stand immer im Schatten des im selten Jahr entstandenen „African Queen“, der Bogart einen „Oscar“ als bester Hauptdarsteller einbrachte. In „Der Tiger“ verkörpert er einen Staatsanwalt, der mit Hilfe eines Kronzeugen einen Mafia-Boss überführen will. Doch der bekommt es mit der Angst zu tun:
Die DVD-Edition enthält die Synchronfassung von „The enforcer“, mit der der Film als „Der Tiger“ Ende 1951 in die deutschen Kinos kam. Dabei wurde aus dem Staatsanwalt ein Inspektor. Auch sonst gingen die Übersetzer damals ziemlich großzügig mit der Adaption des Originals um. Zum ersten Mal ist Humphrey Bogart jetzt auf dieser neuen DVD als Staatsanwalt Martin Ferguson im Original zu hören.
Nachtschwarz und atmosphärisch dicht, gehört „Der Tiger“ zu den interessantesten und zu Unrecht vergessenen Filmen des „Film Noir“: Bogart als ein Getriebener. Ein Jäger, der sich in einem Gewirr aus Halbwahrheiten, Lügen und Intrigen total verheddert. Von einer Sackgasse stolpert er in einer bösen Welt in die Nächste. Das Gute ist längst passé!
Zwei Mal unbekannter Bogart – „Mr. Dodd geht nach Hollywood“ und „Der Tiger“ – in der DVD-Edition “Filmlegende Humphrey Bogart“ von StudioCanal. Leider ohne jegliche Extras. Immerhin mit der deutschen Fassung und dem untertitelten englischen Original. Dafür kostet sie auch nur 10 Euro!