Deutschland 2012
Regie: Caroline Link
Mit Ulrich Tukur, Samuel Schneider, Josef Bierbichler
Kinostart: 24. Oktober 2013
Caroline Link gehört zu den international prominentesten deutschen Filmemachern ihrer Generation. Eine der wenigen im Lande, die mit einem „Oscar“ ausgezeichnet wurde. Eine Regisseurin, die das Kino als „moralische Anstalt“ betrachtet und ihre Filme entsprechend anlegt. Ihr neuer Film „Exit Marrakech“ spielt streckenweise nicht nur in der Wüste, sondern soll auch die Seelenlandschaften ihrer Protagonisten spiegeln. Nachdem er bereits auf mehreren Festival gezeigt wurde, läuft jetzt in die deutschen Kinos.
Wie sagt doch der Volksmund so schön: „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein, dagegen sehr!“ Wenn es um Konflikte der Väter mit dem Nachwuchs und andere Familienprobleme im Kino geht, ist Caroline Link nicht weit: Von „Pünktchen und Anton“ bis „Nirgendwo in Afrika“, der mit einem Oscar geadelt wurde und dem Bayerischen Abstecher „Im Winter ein Jahr“ reicht ihre Palette familiärer Kalamitäten.
Diesmal hat sich die Regisseurin nach Marokko aufgemacht, um von Heinrich und seinem 17jährigen Sohn Ben zu erzählen. Nach Jahren der Trennung schlägt bei Heinrich das väterliche Gewissen. Ben ist ein Scheidungskind und von Mama allein großgezogen worden. Während sich Papa – ganz Monomane – als Theaterregisseur selbstverwirklichen konnte. Weil Heinrich mit seiner jüngsten Inszenierung zu einem Theaterfestival nach Rabat eingeladen wurde, hält er das exotische Ambiente für angemessen, den Kontakt zum Sohnemann zu intensivieren.
Die gut gemeinte Aktion erweist sich als schwierig. Zwischen Vater und Sohn klaffen Gräben. So liegt von Anfang an Spannung in der Luft. Man reibt sich aneinander bei jeder Gelegenheit – zumal Vater Heinrich lieber im Liegestuhl am Pool dösen möchte und – raten Sie mal, was liest?, anstatt mit Ben die Altstadt von Marrakesch zu erkunden.
Irgendwann zieht Ben eben allein auf Entdeckungsreisen, während Papa sich in Paul Bowles (!!) versenkt. Seine Tour d’Horizon fasste Caroline Link und ihre Kamerafrau Bella Halben in betörend schöne Bilder im Licht der marokkanischen Wüste. Wir wissen aber, wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Genau in dieser Beziehung möchte Regisseurin Link ihren Film „Exit Marrakesch“ verstanden wissen.
Das heißt: Der deutsche Knabe Ben lässt, kein Fettnäpfen aus, in das man in einem islamischen Land wie Marokko tappen kann: So kommt er einer Einheimischen beim One Night Stand ziemlich nahe, was die Angehörigen gar nicht gern sehen! Derweil der deutsche Vater in Sorge um den schnöseligen Filius die örtliche Polizei mobilisiert.
Caroline Link hatte viel vor bei „Exit Marrakesch“ und arbeitete ihr Vorhaben in 122 Minuten akribisch ab – Katharsis am Schluss inklusive. Wem bisher entgangen sein sollte, das nachpubertierende Jungs manchmal schwer zu händeln sind, es in der Wüste heiß, der Himmel blau und das Geschlechterverhältnis in muslimischen Ländern für Europäer ebenso seine Tücken haben kann wie marokkanische Landstraßen, kommt bei „Exit Marrakesch“ voll auf seine Kosten!