Frankreich 2012
Regie: Ilmar Raag
Mit Jeanne Moreau, Laine Mägi, Patrick Pineau
Kinostart: 18. April 2013
Souverän inszenierte Komödien über ernste Fragen des Lebens sind neuerdings eine Spezialität des französischen Films – in der Nachfolge des Hits „Ziemlich beste Freunde“. Um Einsamkeit, Trauer und Alter geht es in „Eine Dame in Paris“. In der Hauptrolle eine der großen französischen Schauspielerinnen nach dem Zweiten Weltkrieg Jeanne Moreau. Sie ist inzwischen 85. Die Koproduktion zwischen Frankreich und Estland hat Ilmar Raag inszeniert.
Weil ihre beruflichen Aussichten zu Hause in Estland düster sind und sie passabel französisch spricht, nimmt Anne in Paris eine Pflegestelle bei einer älteren Dame an, die estländische Wurzeln hat. Was sich aus der Ferne als ideale Bedingungen für einen beruflichen Aufbruch zu neuen Ufern ausnimmt, stellt sich vor Ort als ziemlich problematisch heraus. Frida, so heißt die Dame, weist ihrer neuen Pflegerin zunächst barsch die Tür. Sie brauche keine Hilfe. Basta! Doch damit nicht genug:
Die arme Anne wird unversehens in eine komplizierte Beziehung zwischen Frida und ihrem wesentlich jüngeren Ex-Geliebten Stéphane involviert. Obwohl die Liebe von seiner Seite längst erloschen ist, klammert sich Frida nach wie vor an ihn. Die von ihm engagierte Pflegerin soll für Abstand sorgen. Von Stéphane erfährt Anne, der Verschleiß von Pflegerinnen bei Frida groß ist. Sie solle das bloß nicht persönlich nehmen. Er fleht sie an, zu bleiben und es auf einen weiteren Versuch ankommen zu lassen
TDa es für Anne keine wirkliche Alternative gibt, kehrt sie zurück in die Höhle des Löwen: Frida ist inzwischen gnädiger gestimmt und akzeptiert widerwillig, aber immerhin die junge Frau als Hilfe – nicht nur für die alltäglichen Verrichtungen, sondern auch für die Seele.
Am Ende nicht eitel Freude, Sonnenschein, sondern weiterhin Streit und Hader…
Denn auch darum geht es Frida: als wären die Mühsal und Plagen des Alters für Frida nicht schon genug, kommt mit Anne auch noch eine unerfreuliche estnische Vergangenheit zurück. Die nicht besonders originelle und ziemlich abgenutzte Paarung schrullige Alte contra patente Krankenschwester ist in „Eine Dame in Paris“ charmant von den üblichen Klischees befreit und vom estnischen Regisseur Ilmar Raag in eine neue Fassung gebracht worden. Zwar raufen sich Anne und Frieda nach gewohnter Manier im Laufe der Zeit zusammen, aber sie finden im Konsens kein Allheilmittel zur Lösung ihrer Probleme. Die Brüche und Verletzungen im Seelenleben der beiden Frauen bleiben weiterhin bestehen, sie lernen aber mit gegenseitiger Hilfe, damit besser umzugehen.
Psychologisch stimmig und inszenatorisch dicht, gelang mit „Eine Dame in Paris“ eine Tragikomödie, die stilvoll von der Mühsal erzählt, einen akzeptabel Weg aus einem selbstgewählten Schneckenhaus zu finden. Jeanne Moreau – auch im Alter eine schöne Frau mit unvergleichlicher Ausstrahlung – adelt diesen Film zusätzlich. Ein Film in bester französischer Tradition, der an Marcel Pagnol ebenso er-innert wie an Francois Truffaut…