Originaltitel: Easy virtue
USA/England 2008
Regie: Stephan Elliott
Mit: Kristin Scott Thomas, Jessica Biel, Colin Firth, Ben Barnes
Kinostart: 24. Juni 2010
Zu den wichtigsten Eigenschaften der Filmkunst gehört, dass sie die gesellschaftlichen Befindlichkeiten abbildet. Deshalb gibt es zurzeit auch im Kino wenig zu lachen. Selbst in der neuen „Toy Story 3“ herrscht Krise im Kinderzimmer. Aber es gibt auch Ausnahmen im gegenwärtigen Filmangebot. Dazu gehört „Easy Virtue – Eine unmoralische Ehefrau“, der diese Woche in den deutschen Lichtspielhäusern startet. Der allerdings seine gute Laune von einem Komödienspezialisten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezieht.
Larita (Jessica Biel) ist eine kesse junge Amerikanerin. Sie sieht nicht nur hinreißend aus und fährt mit Bravour Autorennen. Eben – wir schreiben das Jahr 1929 – hat sie die Rallye Monte Carlo gewonnen. Kein Wunder das sich der Engländer John Whittaker (Ben Barnes) Hals über Kopf in Larita verliebt. Die beiden heiraten auf der Stelle. Davon ist Johns Familie – vermögend und aus altem englischen Adel – wenig begeistert. Der erste Besuch auf dem pompösen Landsitz der Whittaker wird vorausehbar zu einer peinlichen Angelegenheit.
Vor allem bei Johns Mutter (Kristin Scott Thomas) findet Larita wenig Gegenliebe. Die burschikose Art erregt ebenso Anstoß, wie ihre Lektüre des eben erschienen Skandalromans „Lady Chatterley“, aus dem Larita mit großem Vergnügen bei Tisch zitiert. Die Einstellung der jungen Amerikanerin zur traditionellen englischen Fuchsjagd ist schließlich völlig inakzeptabel.
Zumal es Larita nicht bei einer verbalen Attacke gegen diese britische Institution beläst. Sie sabotiert den gesellschaftlichen Höhepunkt im Jahreslauf der Whittaker, in dem sie mit ihrem Motorrad dazwischen prescht und so dem armen Fuchs das Leben rettet. Dafür bringt sie den Schoßhund der Familie um.
Die Vorlage für den Film „Easy Virtue – Eine unmoralische Ehefrau“ diente das gleichnamige Theaterstück von Noel Coward, das 1924 am Anfang seiner Karriere, als einer der erfolgreichsten englischen Theaterautoren seiner Zeit stand. Zu Cowards Nachruhm trugen vor allem die Verfilmungen seiner Stücke bei – unter anderem durch Ernst Lubitsch.
Am Lubitsch-Touch mit seinem Wortwitz und den elegant verschlüsselten erotischen Zwischentönen hat sich auch der australische Regisseur Stephan Elliott bei seiner Adaption von „Easy virtue“ orientiert und einen im besten Sinne „altmodischen“ Film abgeliefert. Lustvoll setzte er Cowards Demontage einer durch und durch maroden Gesellschaft filmisch um. Dabei verstand er es, sich vom Bühnenstück einerseits zu emanzipieren und andererseits den Witz und den Esprit Cowards zu erhalten, die seine literarische Bedeutung ausmachen:
Leider ging durch eine wieder einmal uninspirierte deutsche Synchronisation ein Großteil der sprachlichen Finessen des Originals verloren. Das schmälert freilich nicht die vorzüglichen schauspielerischen Leistungen von Kristin Scott Thomas als impertinente Schwiegermutter und Colin Firth als ihr subversiver Gatte. Eine Entdeckung ist Jessica Biel als sportive Amerikanerin Larita, die versnobte Engländer aufmischt: der Film „Easy virtue – Eine unmoralische Ehefrau“ bietet feinstes Amüsement auf höchstem Niveau: Eine Wohltat in einer der Zeit des allgemeinen Missmuts!