Deutschland 2012
Regie: Alex Schmidt
Mit Mina Tander, Laura de Boer, Katharina Thalbach, Max Riemelt
Kinostart: 20. Dezember 2012
Eine einsame Insel im Herbst, die auf Grund widriger Umstände nicht verlassen werden kann, seltsame Menschen verstärken das unheimliche Ambiente. Wahn und Wirklichkeit sind plötzlich nicht mehr ohne Weiteres auseinander zu halten. Das sind die Inkredentien eines Horrorfilms. Das Genre ist in letzter Zeit in Verruf geraten. Einerseits wegen exzessiver Gewaltdarstellung, andererseits wegen infantiler Albernheiten. Besonders unerfreulich: eine Kombination von Beidem. Die „Scary Movie“-Serie ist dafür typisch. Jenseits dieses Trends hat Alex Schmidt ihr Regie-Debut „Du hat es versprochen“ angelegt. Einen Horror-Film, der sich an klassischen Vorbildern orientiert, mit dem die Regisseurin dieses Jahr bei den Filmfestspielen von Venedig für Aufsehen sorgte.
Hanna (Mina Tander) hat es in ihrem Job als Ärztin in der Krankenhaus-Hirarchie weit gebracht. Trotz beruflicher Anspannung funktioniert ihr Privatleben mit Mann und siebenjähriger Tochter prächtig. Eben hat sie in der Notaufnahme der Klinik Clarissa (Laura de Boer) wieder getroffen, mit der sie in Kindertagen eng befreundet war. Im Gegensatz zu Hanna geht es Clarissa nicht gut. Deshalb hat sie versucht, sich umzubringen. Spontan entscheidet Hanna, zum seit längerem geplanten Urlaub mit ihrer kleinen Tochter (Lina Köhlert) auch Clarissa einzuladen. Es könnte dann wieder so sein wie damals, als sie Kinder waren und auf der Ostsee Insel Hiddensee unbeschwerte Ferien verbrachten.
In Markus (Max Riemelt), dem Fährschiffer und seiner Mutter (Katharina Thalbach) , Inhaberin eines Gemischtwarenladens am Hafen, begegnet Hanna gleich bei Ankunft alten Bekannten. Die reagieren aber auf die Gäste seltsam distanziert. Ebenso wie Tim (Thomas Sarbacher), der Hausmeister ihres Feriendomizils, einer weitläufigen Gründerzeitvilla. An ihr sind die Jahre ebenso wenig spurlos vorbei gegangen wie an dem verwilderten Park. Alles sehr malerisch. Wie geschaffen für einen entspannenden Urlaub.
Fotos von Einst wecken Erinnerungen. Zum Beispiel an Maria! Das ist ein verdrängtes Kapitel in Hannas besonnten Ferienerinnerungen: Maria war lange ihre beste Freundin, bis sich Clarissa in diese Rolle drängte. Und nicht nur das: Clarissa und Hanna hatten sich besonderen Spaß daraus gemacht, der schreckhaften Maria tüchtig Angst eingejagt. Kurze Zeit später war Maria dann spurlos verschwunden.
Nach allen Regeln der Kunst des klassischen Horrorfilms lässt Regisseurin Alex Schmidt in „Du hast es versprochen“ die Idylle nach und nach in Angst und Schrecken umkippen. Die Insel wird für die Protagonisten zum Gefängnis, das einsame alte Haus gibt mehr Geheimnisse preis, als es vor allem Hanna lieb sein kann. Das Ganze entwickelt sich derart subtil, das es an Alfred Hitchcock und vor allem an Stanley Kubricks „Shining“ erinnert. Alex Schmidt hat ihre Vorbilder nicht einfach kopiert, sondern ließ sich von ihnen zu einem eigenen Stil inspirieren.
Es dauert ziemlich lange, bis der Zuschauer durchschaut, was es mit dem Geheimnis auf sich hat und wer, wem, was versprochen hat und jetzt mit den Konsequenzen leben muss. Da zeigt sich die dramaturgische Raffinesse, mit der Alex Schmidt die Spannungsbögen aufgebaut hat. Keine grellen Effekte und ausgeleierte Plattitüden. Alex Schmidt hat gleich mit ihrem Debut das dünne Eis eines überstrapazierten Genrefilms betreten, ohne einzubrechen. Chapeau!
Selbst wer den Horrorfilm im Allgemeinen nicht sonderlich schätzt, sollte sich von „Du hast es mir versprochen“ überraschen lassen; von spannender Unterhaltung auf hohem Niveau Den Namen Alex Schmidt muss man sich merken!