Deutschland 2011
Regie: Christian Petzold („Etwas Besseres als der Tod“); Dominik Graf („Komm mir nicht nach“); Christoph Hochhäusler („Eine Minute Dunkel)
Mit Jacob Matschenz, Jeanette Hain, Misel Maticevic, Susanne Wolff, Stefan Kurt, Eberhard Kirchberg
Sendung: 29. August 2011
Im Sommer 2006 diskutierten die Regisseure Dominik Graf, Christian Petzold und Christoph Hochhäußler auf Einladung der Filmzeitschrift „Revolver“ über Filmästhetik, ihr Selbstverständnis als Filmemacher und die grundsätzlichen Bedingungen der Filmproduktion in der Bundesrepublik. Daraus entwickelte sich eine ausführliche Mail-Korrespondenz zwischen Graf, Petzold und Hochhäusler mit dem Beschluss, die theoretische Diskussion mit einem gemeinsamen Filmprojekt fortzuführen. Das Ergebnis heißt „Dreileben“ und besteht aus drei in sich abgeschlossenen 90minütigen Filmen. Inzwischen hat „Dreileben“ bei den Filmfestspielen in Berlin und Locarno Furore ge-macht. Alle drei Filme am Stück sind morgen Abend ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
„Dreileben“ in Thüringen hat sich nach der Wende zu einer properen Kreisstadt entwickelt: mit einem Klinikum und neu gebautem Zentrum. Die komfortablen Hotels sind bei Touristen beliebt, die die urig bewaldeten Höhen der Umgebung erwandern wollen. Natürlich ist „Dreileben“ reine Fiktion.
Johannes (Jacob Matschenz) leistet seinen Zivildienst in der Klinik von Dreileben: in einem Moment der Unachtsamkeit lässt er eine Tür offen. Das ermöglicht dem verurteilten Sexualstraftäter Frank Molesch (Stefan Kurt) die Flucht. Während die Polizei nach Molesch in den unzugänglichen Waldgebieten in der Umgebung sucht, hat Johannes eine kurze Affäre mit dem Zimmermädchen Anna (Luna Mijovic).
Inzwischen ist die Berliner Polizeipsychologin Jo (Jeanette Hain) in Dreileben eingetroffen: Sie soll nicht nur die Beamten vor Ort bei ihrer Suche nach Molesch beraten, sondern vor allem dem Korruptions-Verdacht in der Dienststelle nachgehen. Entsprechend unfreundlich reagieren die Kollegen auf Jo, die gleich auf einen peinlichen Zwischenfall stößt, an dem ein männlicher und ein weiblicher Polizist beteiligt waren.
Mehr als der polizeiliche Alltag beschäftigt Jo in Dreileben allerdings die eigene Vergangenheit. Sie übernachtet für die Zeit ihrer Abordnung bei ihrer Freundin Vera (Susanne Wolff) , die mit ihrem Mann Bruno (Misel Maticevic) eine der alten Villen am Ort gekauft hat, um sie zu renovieren.
Während Jo feststellt, dass sie einmal in den selben Mann verliebt war wie ihre Freundin, macht sich Kommissar Kreil (Eberhard Kirchberg) allein auf die Suche nach dem entlaufenen Häftling Molesch.
Drei Filme – eine Geschichte: „Etwas Besseres als der Tod“, „Komm mir nicht nach“ und „Eine Minute Dunkel“ handeln mehr oder weniger direkt von dem entflohenen Häftling. Eine einfache, nicht gerade neue Geschichte.
Die Raffinesse mit der Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler ihre Filme inszeniert haben, besteht darin, dass sie nur wenige Bezugspunkte brauchen, damit daraus ein enorm spannendes großes Ganzes wird und mehr als nur ein Krimi. Es geht um die Beschreibung von Seelenlandschaften mit doppelten, nein, dreifachem Boden.
Also keine akademische Fingerübung – wie man nach der Vorgeschichte befürchten musste. Stattdessen: Perfektes Entertainment mit psychologischem Tiefgang. Aber auch das äußerst elegant und eher beiläufig. Deshalb ist die Präsentation von „Dreileben“ kein heroischer Akt der ARD, sondern ein quotengarantierter Fernsehabend vom Feinsten:
Wer um 20.15 Uhr einschaltet, wird gebannt dabei bleiben und gar nicht merken, wie schnell die dreimal 90 Minuten vergehen und es plötzlich ein Uhr Nachts ist! „Dreileben“ gehört zu den seltenen Sternstunden des Fernsehens….
EK.
gratuliere!!!
hp.