Auch fast 70 Jahre nach dem Ende des sogenannten „Dritten Reichs“ finden sie immer noch neue Belege für Ungeheuerlichkeiten des NS-Regimes. Zum Beispiel in den Filmarchiven im In-und Ausland. Aber auch weitere Forschungen machen das Ausmaß gewöhnlichen Faschismus deutlich. Die Verbindung von Film und Forschung findet beispielhaft in DVD-Editionen ihren Niederschlag.
Zum Beispiel in „12 Jahre, 3 Monate, 9 Tage – Die Jahreschronik des Dritten Reichs“, die Michael Kloft für SPIEGEL-TV hergestellt hat. Sie unterscheidet sich nicht nur durch ihre Länge von über drei Stunden vom Üblichen, sondern durch die Verwendung bisher nicht gezeigter Filmdokumente, die häufig in Farbe gedreht wurden.
Detailiert und auf dem aktuellen Stand der Forschung kompilierte der versierte Dokumentarist Michael Kloft seine Chronique scandaleuse der NS-Herrschaft. Dabei konnte er namhafte Historiker wie Brigitte Hamann zur Mitarbeit gewinnen.
In seiner Ausführlichkeit macht die ausgezeichnete Dokumentation deutlich, wie sich der faschistische Ungeist auf die Gesellschaft auswirkte und aus dem Unvorstellbaren, Normalität wurde.
Auch zum „Untergang“ mit dem Zweiten Weltkrieg vermittelt die SPIEGEL TV-Dokumentation wenig bekannte Hintergrundinformationen. „12 Jahre, 3 Monate, 9 Tage – Die Jahreschronik des Dritten Reichs“ von SPIEGEL TV gibt es auf DVD von Polyband.
Neben dem Holocaust gehört die Zwangsarbeit zu den düsteren Kapiteln der Nationalsozialistischen Herrschaft. Es wurde lange in der Nachkriegsgesellschaft verdrängt, denn die sogenannten „Fremdarbeiter“ und ihre gnadenlose Ausbeutung waren in der Öffentlichkeit des Deutschen Reichs beim besten Willen nicht zu übersehen.
Darüber hat Wolfgang Bergmann 1993 den grundlegenden Dokumentarfilm „Der Reichseinsatz – Zwangsarbeit in Deutschland“ gedreht, der bei Absolut Medien auf DVD erschienen ist: Dabei stellte Bergmann den NS-Propagandafilmen, die Erinnerungen von Überlebenden gegenüber. Fünf Millionen Menschen wurden aus den von der Wehrmacht okkupierten Gebieten ins Reich verschleppt. Ersatz für die eingezogenen deutschen Männer.
Bergmanns „Der Reichseinsatz“ dokumentiert eindrücklich das Schweigen der Täter nach 1945 und gehört damit zu den wichtigsten Filmen über dieses düstere Kapitel in der deutschen Geschichte.
Von der Zerstörung eines konkreten Lebens durch die willfährigen Handlanger der Nazis handelt der Film „Der versiegelte Brief des Soldaten Döblin“ von Jürgen Ellinghaus und Hubert Ferry.
Selbst wer den Schergen des Regimes entkam, war in Europa noch lange nicht in Sicherheit. Das betraf vor allem Emigranten im besetzten Frankreich. Ellinghaus und Ferry haben sich auf die filmische Suche nach dem tragischen Schicksal von Wolfgang Döblin gemacht, einem Sohn des berühmten „Berlin Alexanderplatz“-Autoren Alfred Döblin. Die Familie wurde 1933 aus Deutschland vertrieben.
Wolfgang Döblin hatte 1936 die französische Staatsbürgerschaft angenommen und war 1939 zum Militär eingezogen worden. Ein paar Monate später wurde in den Vogesen Zeuge der Niederlage der französischen Armee. Um der Verhaftung durch die Deutschen zu entgehen, erschoss sich der 25jährige. Hätte er länger gelebt und wäre die Zeiten anders gewesen, hätte Wolfgang Döblin als brillanter Mathematiker Karriere gemacht. An diesem Einzelschicksal werden die Verheerungen des NS-Regimes deutlich. Auch das ein wichtiger Dokumentarfilm – auf DVD von Good Movies.
Der nach wie vor bösartigste Propagandafilm der Geschichte ist „Jud Süss“. Veit Harlan hat ihn mit allerhöchsten Weihen der NS-Führung in dem Jahr gedreht, in dem der junge Wolfgang Döblin Selbstmord beging. Veit Harlan war der Regie-Star der Nazis, „Jud Süss“ der kommerziell erfolgreichste deutsche Film während des Zweiten Weltkriegs . Gegen Harlan wurden zwar nach 1945 verschiedene Strafverfahren eingeleitet, ohne allerdings zu seiner Verurteilung zu führen. Er drehte weiterhin Filme. In dem Dokumentarfilm „Harlan. Im Schatten von Jud Süss“ von Felix Moeller erinnert sich sein inzwischen verstorbener Sohn Thomas an die Popularität des Vaters.
Moellers Harlan-Film nähert sich dem Regisseur über seine Familie und deren Umgang mit dem fatalen Erbe. Daraus entsteht gewissermaßen „unter der Hand“ eine Reflektion über den Umgang mit der deutschen NS-Vergangenheit im Allgemeinen. Die DVD mit „Harlan. Im Schatten von Jud Süss“ wurde von der Edition Salzgeber veröffentlicht – mit Booklet und einem ausführlichen Interview mit Alexander Kluge zu Leben und Werk Harlans. Preis 15 Euro. „Der versiegelte Brief des Soldaten Döblin“, „Der Reichseinsatz“ und die SPIEGEL TV-Dokumentation kosten zwischen 12 und 18 Euro.