Deutschland 2008
Regie: Thomas Sieben
Mit Ken Duken, Franziska Weisz, Josef Heynert
Kinostart: 19. August 2010 (AV Visionen)
Nach den Amokläufen von Erfurt und Winnenden fragte sich eine ratlose Öffentlichkeit: Wie konnte das passieren? Eine Antwort darauf versucht ein mit kleinem Budget inszenierter Film. Er heißt „Distanz“ und kommt jetzt mit beträchtlicher Verspätung in unsere Kinos. Gedreht bereits 2008 von Regisseur Thomas Sieben, der damit debutierte. In der Hauptrolle: Produzent Ken Duken.
Daniel Bauer (Ken Duken) ist ein stiller, in sich gekehrter junger Mann. Das passt zu seinem Beruf als Gärtner. Mit Hingabe arbeitet er in einem botanischen Garten. Den Kontakt zu seinen Kollegen beschränkt Daniel auf ein Minimum. Das provoziert.
Daniel lässt die Sticheleien anscheinend ungerührt über sich ergehen. Nach Feierabend zieht sich in sein spartanisch eingerichtetes Appartement zurück oder geht spazieren. Dass mit ihm etwas grundsätzlich nicht stimmt, zeigt sich, wenn er selbstverloren kleine Steine von einer Autobahnbrücke wirft. Eines Tages lernt Daniel Jana (Franziska Weisz) kennen. In einer Mischung aus spontaner Sympathie und Mitleid drängt sie sich in sein Leben.
Mit ihrer Zuwendung stürzt Jana Daniel in ein seelisches Chaos. In seiner Borderline-Persönlichkeit gewinnen schizophrene Züge die Oberhand. Hatte es zunächst nur den Anschein, bei Daniel würde es sich einen Einsamen mit Defiziten im zwischenmenschlichen Kontakt handeln. Im Laufe des Films wird klar, das es sich bei ihm um einen Fall für Psychiatrie handelt: Nachdem er liebevoll sein Gewehr gereinigt hat, erschießt Daniel im Park einen Jogger. Regisseur Thomas Sieben hat das Krankheitsbild einer „Schizoiden Persönlichkeitsstörung“ zum Anlass für sein Debut „Distanz“ genommen. Das Drehbuch entstand in enger Zusammenarbeit mit einem Psychiater. Wie ein Analytiker folgt Sieben David auf seiner Jagd nach Opfern, die ohne sichtbare Regungen aus der Ferne erschießt. Das hat nichts mit dem üblichen filmischen Horror zu tun.
Thomas Siebens Film „Distanz“ basiert auf einem realen Fall. Die fiktive Figur des Daniel erinnert an die Amokläufer von Ansbach, Erfurt oder Winnenden. Mit äußerster Zurückhaltung näherte sich der Regisseur einer Persönlichkeit, deren Emotionalität derart gestört ist, dass nur noch hemmungslose Gewalt Reaktionen im Gefühlshaushalt auslösen. Dazu ein Gespräch mit Thomas Sieben und Ken Duken. Herbert Spaich hat es nach der Uraufführung von „Distanz“ im Rahmen der Berliner Filmfestspiele 2009 mit den Beiden geführt:
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Exakt recherchiert geht es den Machern von „Distanz“ nicht um die Illustration eines Amoklaufs, sondern um den Versuch eines Täterprofils, die Beschreibung der Alarmzeichen im Wesen einer beschädigten Persönlichkeit, die entsprechenden katastrophalen Ereignissen voraus gehen. In einem vorzüglich inszenierten dokumentarischen Spielfilm, der von Anfang an fesselt.
SWR2 Journal am Abend, 18.8.2010:
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