Deutschland 2013
Regie: Carolin Genreith
Kinostart: 20. Juni 2013
Der neue Dokumentarfilm erstaunt immer wieder! Junge Filmemacher trauen sich was – jenseits hektischer Reportagen und betulichem Allerweltfeuilleton. Ein neugieriger, dabei nie indiskreter Blick auf die Verhältnisse zeichnet die Dokumentarfilme aus. Egal ob es sich dabei um die demente Mutter („Vergissmeinnicht“), die desolate wirtschaftliche Lage eines Bauernhofs auf der Balinger Alb („Sauacker“) oder ein bauchtanzendes Damenkränzchen in einem Eifel-Dorf handelt („Die mit dem Bauch tanzen“).
„Bauch-Beine-Po“ geht, „Yoga“ wäre auch noch OK, ebenso „Nording walking“. Bei „Zumba“ oder „Kung Fu“ wird es schwierig: aber wenn Mama in eine orientalische Bauchtanzgruppe geht, dann ist das dem Nachwuchs ziemlich peinlich. Jetzt spinnt sie vollends, das ist noch die freundlichste Reaktion von Sohn oder Tochter. Carolin Genreith, Anfang 30, macht da keine Ausnahme.
Zuerst konsterniert über Mutters neue Vorliebe fürs Bauchtanzen, macht sie sich die Tochter dann doch auf die Spur des Geheimnisses dieser ungewöhnlichen Freizeitbeschäftigung. Dabei stellt die sie fest, offensichtlich wurde da ein „Jungbrunnen“ entdeckt, der glücklich macht und zu einem „kribbeln“ im Bauch verhilft. Das gab den Anstoß, sich an die Arbeit zu „Die mit dem Bauch tanzen“ zu machen.
Das „kribbeln im Bauch“ hat sich gelohnt: Carolin Genreiths wurde bei der Uraufführung während der diesjährigen Berliner Filmfestspiele bejubelt, ebenso letzte Woche beim „Festival des deutschen Films“ in Ludwigshafen. Ein liebevoller Blick der Tochter auf das – nur auf den ersten Blick – exotische Hobby der Mutter in ihrer zweiten Lebenshälfte.
Sympathisch offen bringt sich Carolin Genreith selbst in ihren Film ein und gibt ihm damit eine zusätzliche Dimension des Authentischen. „Die mit dem Bauch tanzen“ ist entspannter Dialog zwischen den Generationen, die Bereitschaft der heutigen 60+Generation Neues zu wagen.
Dieses Lebensgefühl vermittelt „Die mit dem Bauch tanzen“ auf ganz einzigartige Weise. Der Film gehört zu einer neuen Generation von Dokumentarfilmen, bei der sich junge Filmemacher nicht scheuen, Privates öffentlich zu machen, ohne dass daraus ein Heimvideo wird, das peinlich berührt. Eine Gefahr, der sich Carolin Genreith durchaus bewusst war. Und das ist der Punkt: sie versteht es damit umzugehen und nimmt ihre Protagonisten ernst.
Die sich selbst und ihre Leidenschaft alles andere als bierernst sehen. Spaß muss es schon machen. Trotzdem präsentiert der Film keine Ulknudeln – trotz vieler heiterer Momente. Hier wird niemand vorgeführt! „Die mit dem Bauch tanzen“ machen Mut, mit dem Älterwerden positiv umzugehen und dabei Neuland für sich zu entdecken. Außerdem ruft der wundervolle Film in Erinnerung, das Charme und Esprit keine Frage des Alters ist!