Die deutsch/deutsche Teilung und die „Mauer:“ im Film ist ein weitgehend unerschlossenes Thema der deutschen Filmgeschichte. Westdeutsche Produzenten gingen mit dem brisanten Thema eher zurückhaltend um. Es gibt dazu nur wenig und das fand selten ein größeres Publikum – von der amerikanischen Produktion „Frage 7“ einmal abgesehen. Ganz anders in der DDR: durchweg prominent besetzt und mit inhaltlichem Anspruch, gehörte das politisches Dilemma für die Menschen in den beiden deutschen Staaten zum festen Kanon der Defa-Produktion. „Der geteilte Himmel“ von Konrad Wolf nach dem gleichnamigen Buch seiner Schwester Christa ist der auch im Westen bekannteste Beitrag dazu.
Hüben wie drüben kein lustiges Thema. Das hatte immerhin etwas Verbindendes! Deshalb setzte sich Billy Wilder mit seinem ersten Film in Deutschland – nach seiner Vertreibung durch die Nazis – gewaltig in die Nesseln. Er drehte eine Komödie zur deutschen Teilung. Zwar versuchte zur selben Zeit auch Wolfgang Kohlhaase mit den Mitteln der Satire aus ostdeutscher Perspektive in „Sonntagsfahrer“ der absurden Situation beizukommen, aber das gelang nur halbherzig.
Die Dreharbeiten zu „Eins, zwei, drei“ waren von Mai bis September 1961 in Berlin angesetzt. Sowohl vor als auch hinter der Kamera ein gemischtes deutsch-amerikanisches Team. Aber dann passierte das unvorhergesehene:
„Der 13. August 1961 war ein schöner Sommertag. Wir hatten die Tage zuvor am Brandenburger Tor gedreht und dabei, entsprechend dem Drehbuch, Ballons mit der Aufschrift ‚Russki go home‘ aufsteigen lassen. Was wir dann da im Laufe des Tages erlebten, hielten wir erst einmal für einen bösen Scherz“. Billy Wilder später im Rückblick auf die Dreharbeiten zu „Eins, zwei, drei“.
Wegen des Mauerbaus musste umdisponiert werden. Das Team zog in die Münchner Bavaria-Ateliers, wo das Brandenburger Tor für weitere Aufnahmen in Originalgröße nachgebaut wurde. Der fertige Film hatte bereits im Winter 1961/62 in New Yoirk und in West-Berlin Premiere: Aktueller geht‘s nicht…
Aber: Weder hier noch in Übersee mochte das Publikum über Wilders Verspottung der deutsch-deutschen Verhältnisse lachen. Statt Heiterkeit löste der Film Betroffenheit aus. Die B.Z. bezeichnete „Eins, zwei, drei“ als „scheußlichsten Film über Berlin“.
Erst zwanzig Jahre später erkannte man, das Wilder damit zielgenau die wunden Punkte in der Seelenlage der Nation zwischen Nazi-Vergangenheit und Wirtschaftswunder-Gegenwart getroffen hatte.
Ziemlich genervt reagiert C. R. MacNamara (James Cagney), Direktor der Coca-Cola Filiale Berlin darauf, das die Belegschaft stramm steht, wenn er morgens den Betrieb betritt. Ebenso wenn Assistent Schlemmer (Hanns Lothar) zackig die Hacken zusammenschlägt. Er verbittet sich das….
MacNamara hat nämlich Großes vor: er hofft mit den Russen ins Geschäft zu kommen und damit CocaCola einen riesigen neue Markt zu erschließen. Doch die zieren sich noch. In geschäftlich fragile Lage platzt die Nachricht, das sich die Tochter des Konzernchefs im Anflug auf Berlin befindet. Der lebenslustige Backfisch Scarlett (Pamela Tiffin) aus Atlanta sorgt dann auch für beträchtliche Aufregung, weil sie sich von einem strammen SED-Kander-Jüngling Piffl (Horst Buchholz) schwängern lässt.
Nach einigem Hin und Her siegt der Kapitalismus und Mr. MacNamara macht aus dem Proletarier Otto Ludwig Piffl einen smarten Coca-Cola-Manager.
In einem mediokeren Ost-Berliner Etablissement singt der Komponist Friedrich Hollaender selbst seinen Erfolgsschlager „Ausgerechnet Bananen“ und gab ihm einen aktuellen politischen Hintersinn, der deutsche Publikumsliebling Lilo Pulver spielt ein blondes Luder, Horst Buchholz einen geistig unterbelichteten Ossi. Kaum eine deutsche Eigenart, die Billy Wilder in „Eins, zwei, drei“ nicht verspotten würde – vor dem Hintergrund der deutschen Teilung.
Kein anderer Film hat das so genau und dabei so hinreißend komisch auf den Punkt gebracht. Billy Wilder setzte dem deutschen Wesen – eins, zwei, drei – ein bleibendes filmisches Denkmal!