Mit Stan Laurel & Oliver Hardy begann Ende der 1980er Jahre – erst in Göttingen, dann in Stuttgart, später dann in München – der kometenhafte Aufstieg der Gebrüder Kölmel mit ihrem „Kinowelt-Filmverleih“ zum zeitweilig größten Medienkonzern der Republik. Dann kam der tiefe Fall und die Wiedergeburt in Leipzig bis zur Übernahme durch StudioCanal.
Die Kölmels brachten zum ersten Mal „Laurel & Hardy“-Film im amerika-nischen Original in die Kinos. Das mit ihren guten Kontakten zum Film-händler Leo Kirch zu tun, dessen Unternehmen wesentlich an der Er-haltung und Restaurierung der Filmbibliothek des Produzenten Hal Roach zu tun. Er hatte Stan Laurel und Oliver Hardy entdeckt und die meisten ihrer Filme produziert.
Nach der Pleite des Kirchkonzerns, als Kinowelt noch auf Expansions-kurs war, übernahmen die Kölmels für ihr DVD-Label den gesamten Kirch-Bestand. So konnten sie auch das Oevre von Laurel & Hardy nach und nach veröffentlichen. Ohne das komplexe Werk des Komödianten-Duos freilich angemessen kuratieren zu lassen. Vermutlich fehlte dazu das Geld. Jetzt gibt es Laurel & Hardy zwar nahezu komplett – es fehlten die späten Fox-Produktionen aus den 1940er Jahren – aber irritierender Weise als „Dick & Doof- Collection“. Zur Erinnerung:
In den 1960er Jahren eröffnete der damalige Filmkunstverleih “Atlas Film” mit dem Slogan “Laurel & Hardy sind mehr als nur dick und doof” eine neue Ära in der Rezeption des Duos Stan Laurel & Oliver Hardy in der Bundesrepublik. Bis dahin waren ihre Filme hierzulande als Kinder-unterhaltung im Nachmittagsprogramm der Kinos zu sehen gewesen. Besonders erbarmungslos ist das Fernsehen mit ihrer Kunst umge-gangen. Unter der Rubrik „Lachen mit Laurel & Hardy“ wurden die Filme auf hektische Nummern-Revuen reduziert – die von gealterten deutschen Komikern wie Theo Lingen mehr oder weniger witzig moderiert wurden. In schrecklicher Erinnerung ist auch Werner Schwier.
In der „Dick & Doof-Collection“ von Kinowelt gibt es Beispiele für diesen brutalen Umgang mit Werken der Filmgeschichte im Bonusteil. Die 30 DVDs umfassende Werkausgabe enthält auch die teilweise mehrfach und unterschiedlich synchronisierten deutschen Fassungen. Das heißt: Laurel & Hardy satt. Da liegt aber auch das Problem dieser Edition: die drei Mal 10 Einzel-DVDs in Schubern folgen keinem auf Anhieb durchschaubaren System. Die Kurzfilme verstecken sich einerseits in den Bonusteilen, andererseits auf einzelnen Discs. Für die Rezeption kommt erschwerend hinzu, dass die Filme auf den DVDs mit den meistens unsinnigen deutschen Titeln angegeben werden. Es bedarf also detektivischer Suche, um zu entdecken, welcher Film sich hinter welchem deutschen Titel versteckt. Zum Beispiel der erste Tonfilm Laurel & Hardys „Pardon us“ hinter „Dick und Doof hinter Schloss und Riegel“. „Pardon us“ kam 1931 in die Kinos – eine Parodie auf die Gangster-und Gefängnisfilme der frühen amerikanischen Tonfilmära. Der Film wurde vor seinem Start diversen Testscreening unterzogen. Dabei wurde der Film immer kürzer. Produzent Hal Roach ließ die Anstoß erregenden Szenen entfernen.. Die DVD innerhalb der „Dick & Doof Collection“ enthält neben der bisher bekannten Fassung, die rekonstruierte Preview-Version sowie die geschnittenen Szenen einzeln. Durch glückliche Umstände sind sie erhalten geblieben.
Ein weiterer künstlerischer Höhepunkt in der Karriere von Laurel und Hardy war „Pack up your troubles“ von 1932. Die böse Antikriegssatire war in der Bundesrepublik erst 1952 als „Dick & Doof als Rekruten“, dann – neu synchronisiert – als „Die Teufelsbrüder“ zu sehen:
Laurel und Hardy im Krieg. Kein harmloser Spaß, sondern eine gallige Anti-Kriegssatire. Auf einer weiteren Ebene wird hier von den Regisseuren George Marshall und Raymond McCarey auch über „ernste“ Antikriegsfilme wie „Im Westen nichts Neues“ ziemlich zynisch hergezogen. Solchen Scherzen machte die Selbstzensur im Hollywood der späteren 1930er Jahre ein Ende.
Natürlich darf in dieser Edition nicht „Way out west/Zwei ritten nach Texas“ nicht fehlen – einem der besten Laurel & Hardy-Filme. James W. Horne hat ihn 1937 gedreht. Stan und Ollie sollen im Wilden Westen eine junge Frau ausfindig machen und sie über die Erbschaft einer Goldmine informieren. Allerdings plaudert der gutmütige Ollie das Ge-heimnis aus, was vor allem Stan übel zu spüren bekommt. Die Bardame Lola geht ihm an die Wäsche, um an das Testament zu kommen:
„Way out west“ wurde wesentlich von der Kreativität Stan Laurels ge-prägt – wie im Übrigen die meisten Laurel & Hardy-Filme. Der Song „The trail of the loansome pine“ ist beispielsweise in einer Drehpause improvisiert worden. Ab 1938 begann der Stern „Laurel & Hardy“ zu sinken. Laurel hatte sich mit Hal Roach endgültig überworfen. Sie wirkten in einer Reihe von Musicals mit wie zum Beispiel in „Swiss Miss“, der nach 1945 den wieder einmal unpassenden deutschen Titel „Dick & Doof als Salontiroler“ bekam. Wobei in der deutschen Fassung aus den frühen 1950er Jahren der weibliche Part von Anneliese Rothenberger gesungen wurde.
In der Fülle der „Dick & Doof Collection“ sind auch Kuriositäten am Rande bzw. vom Ende der Karriere der beiden zu entdecken. Beispiels-weise „The fighting Kentuckian/In letzter Sekunde“: in diesem 1949 ge-drehten Western spielte Oliver Hardy solo an der Seite von John Wayne.
30 DVDs mit nahezu allem, was Stan Laurel und Oliver Hardy zwischen 1927 und 1949 gedreht haben. Dazu mehrere Dokumentationen und jede Menge Hintergrund-Infos des Dick & Doof-Experten Norbert Aping auf einem CD-Rom-Teil zum Ausdrucken. Das Ganze kostet zusammen zirka 180 Euro. Die DVD gibt es inzwischen auch wieder einzeln zum Preis von jeweils 9.90 Euro.
Den letzten gemeinsamen Film drehten Stan Laurel und Oliver Hardy 1950 mit „Atoll K“ (Dick & Doof erben eine Insel) in Frankreich. Das tragische Dokument eines Niedergangs gibt es seit einiger Zeit auch in der Bundesrepublik von Tobis/Universum auf DVD.
Wer Zeit, Geduld und Muße hat, dem bietet sich als Ergänzung zu dem amorphen Berg der „Dick & Doof“-Collection“ Norbert Apings über 570 Seiten umfassende Fleißarbeit „Das Dick und Doof Buch“ an. Erschienen ist sie im Schüren Verlag. Ebenso wie das vom selben Autor verfasste separate Buch zu „Atoll K“.
Der Beitrag aus der Reihe SWRcont.ra DVD:[media id=87 width=320 height=20]