Immerhin zwei deutsche Produktionen haben es in den diesjährigen Berlinale-Wettbewerb geschafft. Zwei Filme, die aus dem Rahmen fallen. Da hatten Regie und Produktion Großes vor. Am Ergebnis scheiden sich wieder mal die Geister. Während ausländische KollegenInnen Wohlgefallen äußerten, waren es wieder mal die deutschen Filmkritiker – vor allem die aus der Metropolregion Stuttgart – die maulten….
Anne Zora Berrached ist die schönste Filmemacherin im Land – nicht nur auf dem Campus der Filmakademie Baden-Württemberg, wo die Schöne bisher studiert hat. Das Berrached außerdem ziemlich begabt ist, hat sie bereits mit ihrem Debüt „Zwei Mütter“ bewiesen. Deshalb fanden sich für ihren Diplomfilm „24 Wochen“ nicht nur „Das kleine Fernsehspiel“ des ZDF, sondern auch Thomas Kufus als Koproduzenten! Und dann kam noch die Einladung in der Berlinale ins Haus, das Werk in der Premium-Reihe des Festivals, dem „Wettbewerb“ um die Goldenen und Silbernen Bären zu präsentieren. Das war selbst der Regisseurin unheimlich.
Tief berührt sprach eine Kollegin aus Kanada zum Auftakt der PK nach der Pressevorführung von „24 Wochen“ von einem beeindruckenden, großen Wurf, bei dem einfach alles stimme! Auch SPIEGEL-online zeigte sich angetan von dem Melodram um die deutsche Comediana Astrid und ihren etwas tumben Lebensgefährten Markus. Andere Kritiker – insbesondere aus der Metropolregion Stuttgart – waren davon weniger angetan. Die Kollegen H. und O. haben hinter mir während der Vorführung hörbar gelitten und schließlich die Flucht ergriffen.
Astrid – als tränenreiche Schmerzensmutter dargestellt von Julia Jentsch – und Markus – bemerkenswert desorientiert: Bjarne Mädel – bekommen nach der pränatalen Untersuchung mitgeteilt, dass sie ein Kind mit Down-Syndrom bekommen werden…
Mit der Entscheidung Kind haben oder Nicht-haben lassen sich die Beiden über Gebühr lange Zeit – bis zur 24. Woche und da ist nur noch ein Fetozid möglich – eine besonders hässlich Art der Abtreibung. Da wird der Fötus im Mutterleib getötet, dann die Geburt künstlich eingeleitet, ein totes Kind geboren…
Da ich aus familiären Gründen mit jenen Humangenetikern verbunden bin, die Anne Zohra Berrached und ihren Koautoren Carl Gerber medizinisch beraten haben, bin gehalten, mich einer Beurteilung von „24 Wochen“ zu enthalten…
Bei „Alone in Berlin“ habe ich das Problem nicht. Unter diesem Titel ist Hans Falladas letzter Roman „Jeder stirbt für sich allein“ einmal mehr verfilmt worden. Diesmal von einen internationalen Produzenten-Konsortium unter Führung des Berliner X-Filmers Stefan Arndt. Ein halbes Dutzend öffentliche Förderer sind natürlich auch dabei. Gedreht wurde in Englisch mit Emma Thompson und Brendan Gleeson als widerständlerisches Berliner Ehepaar Quangel und Daniel Brühl als fiesem Nazi. Wer es nicht weiß: das Ganze spielt während des Zweiten Weltkriegs. Regie führte der Schweizer Schauspieler und Nebenbeifilmemacher Vincent Perez im Studio Babelsberg.
Also sind die Bilder blaustichig, die Charaktere handlich zurechtgestutzt (Drehbuch: Achim von Borries). Und so nimmt das Verhängnis im gediegenen Rahmen eines Fernsehspiels seinen Lauf. Thompson und Gleeson sind dabei wohl angehalten worden, sich an Iris Berben und Thomas Thieme orientieren…
Da ich das Buch gelesen habe und deshalb weiss, wie die Geschichte ausgeht, habe ich mir erlaubt, den Berlinale Palast nach angemessener Zeit zu verlassen…