Deutschland 2011
Regie: Sebastian Grobler
Mit: Daniel Brühl, Burghart Klaußner, Thomas Thieme, Justus von Dohnány, Axel Prahl
Kinostart: 24. Februar 2011
Filme wie „Poll“ und vor allem „Das weiße Band“ haben in jüngster Zeit die wilhelminische Ära vor dem Ersten Weltkrieg als Zeit des präfaschistischen Denkens und Handelns beschrieben. In diese Reihe passt auch „Der ganz grosse Traum“, mit dem der Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg, Sebastian Grobler, sein Kino-debut gibt. Am Beispiel des Fußball-Pioniers Konrad Koch (1846-1911) näherte er sich einer komplexen Epoche.
1874: am Braunschweiger Gymnasium Martino-Katharineum herrscht wie überall im Deutschen Reich Zucht und Ordnung. Dem verleiht vor allem Dr. Bosch (Thomas Thieme) in seinem Geschichtsunterricht mit reichlichem Gebrauch des Rohrstocks Nachdruck. Schuldirektor Merfeld (Burghart Klaußner) neigt dagegen mehr zur modernen Reform-Pädagogik. Deshalb holt er den jungen Lehrer Konrad Koch (Daniel Brühl) an die Schule. Der war lange in England und ist jetzt nach Braunschweig zurück gekehrt. Das Kollegium betrachtet Kochs unorthodoxe Art des Englischunterrichts mit Argwohn. Er hat ganz eigene Methoden seinen Schülern den richtigen Umgang mit dem „th“ beizubringen. Eine in England höchst beliebte, im deutschen Kaiser-Reich aber völlig unbekannte Sportart hat es Koch besonders angetan: Fußball.
Koch benutzt den „Foot-Ball“ als praktische Einführung in die englische Spache: Und nicht nur das: Er zieht mit seiner Klasse in die Turnhalle, um die Fremdsprache in der konkreten Praxis zu üben.
Die Sprachübungen mit dem „Foot-Ball“ und den spielerischen Umgang mit dem Fairplay eines „Foot-Ball-Games“ haben ungeahnte Folgen! Aus der Englisch-Stunde wird unversehens eine Sportstunde bzw. irgendwas dazwischen. Jedenfalls etwas ganz und gar Undeutsches: Das findet vor allem Dr. Bosch und macht Stimmung gegen seinen Kollegen.Schließlich droht der Eklat. Der Schulträger wird involviert. Vertreter kommen zur Lehrprobe in Kochs Unterricht. Doch gegen den Fußball ist kein Kraut gewachsen…
„Der ganz große Traum“ erzählt die authentische Geschichte, wie durch den Lehrer Konrad Koch der Fußball nach Deutschland kam.
Die Autoren Philipp Roth und Johanna Stuttmann haben sich eng an die historischen Fakten gehalten. Regisseur Sebastian Grobler hat sie mit leichter Ironie aufgepolstert, ohne aus seinem Film eine Wiedervorlage der „Feuerzangenbowle“ zu machen. Dabei kombinierte Sebastian Grobler die Anfänge des heutigen Massensports mit den gesellschaftlichen Aufbrüchen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ankündigten.
Das sie nicht nur zum Guten führten, hat er dabei nie aus dem Blick verloren. Ein vorzügliches Schauspieler-Ensemble mit Daniel Brühl, Burghart Klaußner, Thomas Thieme und Axel Prahl machen den „Ganz großen Traum“ vollends sehenswert.
Dazu ein Gespräch mit Regisseur Sebastian Grobler, das Herbert Spaich geführt hat: [media id=202 width=320 height=20]
Wer die Geschichte von Konrad Koch und wie er den Fußball nach Deutschland brachte, noch einmal nachlesen möchte, hat in der eben bei rororo erschienenen Filmnacherzählung Gelegenheit dazu. Autor ist Rainer Moritz, der neben seinen literarischen, auch fußballerische Neigungen vorweisen kann. In jungen Jahren war er Schiedsrichter in und um Heilbronn herum. Jetzt ist er immerhin – wohl passiv – Mitglied beim TSV 1860 München: Sein Buch zum Film liest sich ausgesprochen unterhaltsam….