Deutschland 2011
Regie: Marc Bauder
Mit Jacob Matschenz, Bernhard Schütz, Jenny Schily
Kinostart: 12. Januar 2012
Marc Bauder hat sich mit Dokumentarfilmen einen Namen gemacht. Insbesondere mit „Jeder schweigt von etwas anderem“ (2006), in dem er sich mit seiner Co-Regisseurin Dörte Franke einem Tabu näherte: Oppositinelle, die in der ehemaligen DDR inhaftiert waren und von der Bundesrepublik freigekauft wurden. Daran knüpfen Bauder und Franke mit ihrem Spielfilmdebut indirekt an. In „Das System“ geht es um das Nachwirken von SED-Seilschaften in die Gegenwart des vereinigten Deutschlands.
Mike (Jacob Matschenz) und sein Kumpel Dustin (Florian Renner) – zwei junge Leute, die es mit „mein“ und „dein“ nicht so genau nehmen, sind in eine Villa in einer Rostocker Nobelgegend eingestiegen. Als sie eben dabei sind, einzupacken, werden sie vom Haus-eigentümer Böhm (Bernhard Schütz) überrascht.
Erstaunlicher Weise ist der über den ungebetenen Besuch gar nicht verärgert, er ruft auch nicht nach der Polizei. Er läßt die Jungs laufen. Am nächsten Tag nimmt Böhm mit Mike Kontakt auf. Auf die verblüffende Exposition lassen Marc Bauder und seine Drehbuchautorinnen Dörte Franke und Khyana el Bitar eine ebenso erstaunliche wie beunruhigende Geschichte folgen.
Es geht nicht um Neo-Nazis hinter tristen ostdeutschen Plattenbauten, sondern um Stasi-Kader, die in der Nachwendezeit brisante Dokumente aus dem Untergang der DDR in Sicherheit brachten und jetzt damit erpresserische Fischzüge in den „alten Bundes-ländern“ starten. Dafür benötigen sie unverdächtige Wasserträger.
Böhm hat mit Kennerblick in Mike einen geeigneten Kandidaten entdeckt. Nicht ganz zufällig: Mike sieht seinem Vater verblüffent ähnlich, der noch zu DDR-Zeiten ein mysteriöses Ende fand. Er war ein Kollege Böhms. Deshalb löst Mikes neuer Boss bei seiner Mutter (Jenny Schily) helles Entsetzen aus.
Im Hintergrund geht es um eine russische Erdgas-Pipeline und viel Geld. Nach und nach entdeckt Mike, das er da in einen ziemlich unübersichtlichen Sumpf gelandet ist.
Bauder mischt in „Das System“ Stilmittel eines Politthrillers mit nüchterner dokumen-tarischer Beschreibung einer Subkultur, die im Geheimen wirkt und in der deutschen Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wird.
Dabei gelingt es dem Regisseur meistens die Atmosphäre vager Bedrohung zu halten. Das ist durchgängig spannend anzusehen. Wobei man eigentlich noch mehr über den SED-Nachhall wissen möchte und die dubiosen Geschäftemacher, die sich in dem einstigen DDR-Nobelhotel „Neptun“ wohl immer noch konspirativ treffen, um ihre Geschäfte zu machen.
Marc Bauder versteht also auch das Handwerk beim fiktionalen Film; deshalb fallen einige debut-bedingte Stolperer nicht weiter ins Gewicht. Zumal die Herrn Matschenz und Schütz schauspielerische Bestleistungen abliefern!