Nicht Berlin oder Hamburg, München oder Köln hat die eifrigsten Kinogänger: die hat Freiburg im Breisgau. In keiner anderen Stadt wird mehr ins Kino gegangen als hier! Das ist der Verdienst des Filmenthusiasten Michael Wiedemann, der seine Filmtheater, die „Friedrichsbau“, „Harmonie“ und „Kandelhof“ heißen, mit einem ausgesucht niveauvollen Programm zu einem wichtigen Kulturfaktor der Stadt Freiburg gemacht hat. Dafür wird Wiedemann regelmäßig vom Land und vom Bund ausgezeichnet. Eben wurde von Kulturstaatsminister einmal mehr mit acht Preisen ausgezeichnet – unter anderem für ein „Kulturell herausragendes Jahresfilmprogramm“.
In der Regel finden selbst die Filme die bundesweit floppen in Freiburg in den drei Wiedemann-Kinos mit insgesamt 11 Sälen ein Publikum. Das kommt nicht von ungefähr. Das Programm wird sorgfältig zusammen ge-stellt und nicht dem Zufall der Starttermine überlassen. Michael Wiedemann gehörte zu den ersten Kinobesitzern in Deutschland, die es wagten, in ihren Häusern Live-Übertragungen aus der New Yorker Metropoliten Opera anzubieten. Die kostspieligen Investitionen für den akustisch und optisch lupenreinen Satelliten-Empfang haben sich gleich in mehrfacher Hinsicht ausgezahlt.
Die monatlich erscheinenden, außergewöhnlich edel gestalteten Programmhefte der Wiedemann-Kinos helfen nicht nur, sich in der Programmvielfalt zurecht zu finden, sondern ersetzen eine der Filmzeitschriften auf dem Markt. Neben Opern-Events, finden in den Freiburger Kinos fast wöchentlich Sonderveranstaltungen statt. Regisseure sind zu Gast, um ihre neuen Film vorzustellen und mit dem Publikum zu diskutieren. Kürzlich war beispielsweise der Schweizer Filmemacher Stefan Haupt mit seinem Dokumentarfilm über die katalanische Basilika „Sagrada“ da. Jeden zweiten Mittwoch im Monat gibt es „Mamakino“. Während Mama und Papa Kino gucken, wird der Nachwuchs vor Ort betreut. Und Sonntags findet ein „FilmFrühstück“ statt: auf den Gang zum Frühstücksbuffet folgt ein Wohlfühlfilm. Schließlich veranstaltet Wiedemann übers Jahre diverse Filmfestspiele – vom „Freiburger Filmfest“ bis zur „Schwulen Filmwoche“. Um das Alles auf die Reihe zu bringen, zum normalen Alltagsgeschäft, braucht es mehr als nur einen Acht-Stunden-Tag.
Neuerdings wird Michael Wiedemann von Michael Isele und Ludwig Ammann als Mitverantwortliche unterstützt. Als Inhaber des renommierten Filmkunst-Verleihs „Koolfilm“ sind die Beiden in der Branche keine Unbekannten.
Kool hat zum Beispiel den Oscar-Nominierten Animationsfilm „Chico & Rita“ in die Kinos gebracht und dieser Tage auf DVD veröffentlicht. Zwischen dem Filmverleih und Wiedemann bestehen seit Längerem personelle Kontakte. Für den Verleiher Ludwig Ammann ist die neue Teilhaberschaft an den Freiburger Filmtheatern eine neue Erfahrung: „Da erlebt der Verleiher hatnah sein Publikum…“ In der Vergangenheit hat sich Ammann übrigens nicht allein als Filmexperte, sondern auch als Islamkenner profiliert. Er hat dazu mehrere Bücher („Der Islam. Was stimmt?“).
Ammann hat die Reihe „Pay After“ in den Freiburger Wiedemann-Kinos angeregt. Da werden im Rahmen von Previews neue Filme präsentiert und zwar ohne das der Titel genannt wird. Da zahlt der Besucher erst anschließend und zwar so viel, wie ihm der jeweilige Film eben Wert ist. Im Zweifelsfall gar nichts!
Also nicht nur des Münsters und der idyllischen Altstadt wegen auf nach Freiburg: auch die Kinos sind eine Reise wert. Einzelheiten zu den Kinos und zum Programm unter www.Friedrichsbau-Kino.de