USA 2012
Regie: Tim Burton
Mit Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, H. B. Carter, Eva Green, Alice Cooper
Kinostart: 10. Mai 2012
Niemand versteht es die Schattenseiten der Welt mit ihren Schattenwesen derart charmant filmisch in den Griff zu bekommen, wie Tim Burton. Nach seiner originellen „Alice im Wunderland“ hat er sich jetzt dem Genre des Vampirfilms zugewandt. Der Film heißt „Dark Shadows“ und kommt diese Woche in die deutschen Kinos. In der Hauptrolle Tim Burtons bevorzugter Schauspieler Johnny Depp.
1972 wird der Sarg mit Barnabas Collings (Johnny Depp) bei der Verlegung einer neuen Wasserleitung in der Nähe des Städtchens Collingsport im US-Bundesstaat Maine zufällig nach 200 Jahren wieder ausgegraben. Die Collings kamen einst aus Liverpool nach Neuengland und gründeten die Stadt, nach dem sie mit der Fischerei zu Geld und Ansehen gekommen waren. Davon zeugt der staatliche Familiensitz in einem im Laufe der Zeit verwilderten Park. Leider gehen die Geschäfte inzwischen schlecht: auch daran ist die böse Angelique (Eva Green) schuld, die einst Barnabas in einen Vampir verwandelte, weil er ihre Liebe verschmähte. Heute ist sie eine rabiate Konzern-Chefin, die den Collings im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser abgräbt.
Das Biest Angelique ist vordergründig ein ehrbares und höchst ansehnliches Mitglieder der High Society von Collingsport; während Barnabas Aussehen aus dem Rahmen fällt und man ihm seine Natur des blutsaugenden Wiedergängers ansieht. Die Adaption mit den neuen Verhältnissen fällt ihm schwer.
Deshalb sucht er Frau Dr. Julia Hoffman (Helena Bonham Carter) auf, die fest angestellte Familien-Psychiaterin der Collings, deren Mitglieder alle ein Problem mit ihrem Seelenleben haben. Barnabas geht es da noch verhältnismäßig gut. So gut, das sich Dr. Hoffman in ihren Patienten verliebt..
Barnabas ist allerdings weniger an Dr. Hoffman interessiert, als an der schönen Victoria Winters. Sie erinnert ihn nämlich an die Frau, die er vor seiner Verwünschung in einen Vampir unsterblich liebte: Tim Burton zog bei „Dark Shadows“ alle Register, die das ziemlich strapazierte Genre des Vampirfilms hergibt:
Er überhöht und ironisiert, spielt mit den üblichen Utensilien wie dem gruseligen Schloss mit seinen geheimnisvollen Gängen, der schönen, aber etwas naiven Unschuld im Gegensatz zur bösen Hexe, den nebeldurchwehten Wäldern und natürlich dem bleichen Vampir, der ab und zu seine spitzen Beißer bleckt. Johnny Depp spielt ihn als hinreißend elegischen Dandy, der aus der Zeit gefallen ist. Zwischendurch taucht leibhaftig Alice Cooper auf, der inzwischen tatsächlich wie ein Vampir aussieht, der zufällig aus seiner Gruft befreit wurde.
Mit einem Happening der besonderen Art geht die lustvoll schauerliche Geschichte um den unfreiwilligen Vampir Barnabas und seinen dunklen Schatten schließlich zu Ende. Virtuos zelebriert Tim Burton reinen Kintop auf höchstem Niveau und nähert sich damit Polanskis Meisterwerk „Tanz der Vampire“… So lustig war seit dem lange kein Vampirfilm mehr!
Auch übrigens: Bram Stokers „Dracula“ – der Urahn aller Vampirgeschichten – ist fast genau vor 100 Jahren zum ersten Mal erschienen. Im Steidl-Verlag ist der Klassiker aus diesem Anlaß in einer neuen Übersetzung erschienen… Die ideale Ergänzungsliteratur zu „Dark Shadow“…