David Spandau hat als Stuntman ebenso versagt, wie als Rodeo-Reiter. Deshalb arbeitet er jetzt als Privatdetektiv und Personenschützer. Immerhin ist der Mittdreißiger eine ansehnliche Erscheinung. Spandau kommt in der Glamour-Metropole Hollywood ebenso zu recht, wie in der Halbwelt von Los Angeles oder auf der Ranch seiner Ex-Schwieger-mutter. In seinem Job bekommt er meist heikle Aufträge, die ihn mit vorwiegend unangenehmen Menschen in Kontakt bringt, wie den undurchsichtigen Star Bobby Dye, den er beschützen soll. Privat schmerzt Spandau die Trennung von seiner Traumfrau Dee, die er noch immer liebt und deshalb gelegentlich besucht. Wenn es zu arg kommt, hilft allerdings nur der Griff zur Whiskyflasche. Wenn alles aus dem Ruder läuft und über Los Angeles die kalifornische Sonne brütet: „Ein heißer, feiner Dunst, der zu gleichen Teilen aus Straßenstaub, Motoröl und dem verbrauchten Atem von zehn Millionen ängstlichen Angelinos bestand, legte sich wie klebriger Film auf die Haut und verwandelte die Kleidung in Schmirgelpapier. Augen tränten, Kehlen brannten“. Das ist originell formuliert und erinnert an die Welt, in der Raymond Chandler einst seinen Philipp Marlowe von einem Schlamassel in den anderen trudeln ließ. David Spandau ist ein entfernter Nachfahre Philipp Marlowes.
Daniel Depp hat seinen Roman-Erstling „Stadt der Verlierer“ in der Nachfolge der „Schwarzen Serie“ der 1930er und 1940er Jahre geschrieben. Nicht als Kopist, sondern als jemand der die literarische Erfahrung der Klassiker des Genres intelligent in die Gegenwart weiter entwickelte: mehr noch als Marlowe kämpft Spandau nicht allein mit dunklem Gelichter, sondern um sein Ego, in einer Zeit in der sich Männlichkeit kaum noch über Trinkfestigkeit und Schlagfertigkeit in jeder Beziehung definiert. Selbst Entspannung ist trügerisch: „Als er nach Hause kam, atmete er auf. Es war kühl und dunkel, die Jalousien heruntergelassen, die Klimaanlage lief. Er genoss die Ruhe und das Alleinsein, die Geborgenheit. Auch wenn er Dee vermisste, tat es ihm gut, dass er mit niemandem reden musste, wenn er nach Hause kam, und das er die Welt draußen vor der Tür lassen konnte.“ Spandau bleibt wenige Zeit zur Muße: „Hinter dem Schreibtisch klingelte das Telefon. Wie von einem Elektroschocker getroffen, fuhr er zusammen. Warum hatte er das Mistding nicht ausgeschaltet?“ Die Beschreibung von Spandaus Innen-und Aussenwelt wurde vom älteren Bruder des Hollywood-Stars Johnny Depp in eine spannend zu lesende, ironisch distanzierte Kriminalgeschichte verpackt. Elegant verbindet Depp verschiedene Handlungsstänge mit einander und gibt so – wohl aus der familiären Erfahrung heraus – einen Einblick in den ebenso trägen wie gefährlichen Moloch Hollywood, am Rande einer Stadt, aus der sich die Engel längst verabschiedet haben.