Wetterleuchten über „Rommel“, der Gemeinschaftsproduktion von TeamWorx und SWR: die Produzenten – allen voran Nico Hofmann – auf der einen, die Nachkommenschaft des Generalfeldmarschalls von Hitlers Gnaden auf der anderen Seite. Ein Eklat liegt in der Luft: Der Wüstenfuchs Erwin Rommel war übrigens neben Hitler und Goebbels zu Lebzeiten als einer der Wenigen aus der NS-Prominenz Gegenstand eines amerikanischen Spielfilmes. In seinem Frühwerk portraitierte Billy Wilder ihn in „Five graves to cairo“ 1943 als skrupulösen Soldaten, der unter die Wölfe geraten ist. Verstörend vielschichtig verkörpert von Erich von Stroheim. Etwas in dieser Art scheint Nico Hofmann bei seinem „Rommel“-Film vorzuschweben. Die Dreharbeiten (Regie: Niki Stein) stehen kurz vor dem Abschluss. Von Anfang an kam schrille Begleitmusik aus dem Hause Rommel. Sohn Manfred – Stuttgarter Ex-OB – und Enkelin Catherine fürchten um Erwin Rommels Reputation und die Familienehre.
Beim Presse Set-Termin auf der Schwäbischen Alb Anfang Oktober hatten Produzent Hofmann und die SWR-Fernsehspiel-Chefin Strobl noch von einem einvernehmlichen Gespräch mit den Rommels berichtet. Strittige Fragen seien bei Kaffee und Kuchen ausgeräumt worden (Siehe Filmspaicher-Beitrag „Rommel und der Butterkuchen“).
Davon kann nach den Beiträgen in der gestrigen Ausgabe von „Bild am Sonntag“ und dem „Focus“ von heute nicht mehr viel übrig sein. Jetzt werfen die Rommels TeamWorx und dem SWR eine „revisionistische“ Perspektive bei dem Film vor. Da wird aus internen Unterlagen und aus dem Drehbuch zitiert, das „Focus“ offensichtlich vorliegt und von Gegengutachten gemunkelt. Inzwischen geht es nicht mehr nur um „Goldene Löffel“, sondern ums ganze Tafelsilber!
Hofmann hielt heute volle Breitseite dagegen und drohte mit juristischen Schritten. Ein „Historikerstreit“ bahnt sich an – oder auch nicht. Zu unseriös ist das Ganze!; alle großen und kleinen Rommel-Experten hatte der penible Hofmann und seine TeamWorx-Produktion nämlich um Expertisen gebeten – wohl um das zu verhindern, was jetzt eingetreten ist.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung der Affäre ist anzunehmen, dass es da bereits hinter den Kulissen heftig gekracht haben muss. Einige der Experten warfen das Handtuch und steckten sich hinter Manfred und Catherine Rommel, die sich prompt vor den Karren der anscheinend schwer in ihrer Eitelkeit verletzten Wissenschaftler spannen ließen.
Nur zu! Etwas Besseres kann uns gar nicht passieren. Jetzt wird es nicht mehr möglich sein, einen letztlich unpolitischen TV-Event über Erwin Rommel zu drehen. Auch wenn es dabei nur um dessen letzte Lebensmonate geht.
Jetzt besteht die große Chance, an seinem Beispiel zu zeigen, wie ein im Grunde seines Herzens integerer Emporkömmling aus kleinbürgerlichem schwäbischen Milieu, im Dienste eines verbrecherischen Regimes Stratege eines Vernichtungsfeldzuges werden konnte. Das jenseits von Apologetik und Revisionismus filmisch aufzuarbeiten, wäre verdienstvoll! Da spielte es dann nur eine marginale Rolle, ob Rommel vom Attentat auf Hitler wusste oder nicht. Vielmehr ginge es dann um eine spannende Lektion in Sachen „gewöhnlicher“ Faschismus!
Eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt wie der SWR als Koproduzent von „Rommel“ könnte sich damit zieren und seinem volksbildnerischen Auftrag aufs Schönste gerecht werden: Mit Ulrich Tukur in der Titelrolle, der neuen Sicht auf die Verbrechen der Deutschen Wehrmacht am konkreten Beispiel mit einem TV-Event Rechnung zu tragen.
Also bitte weiter so! Allerdings sollte man sich bei TeamWorx schon überlegen, ob man David Irving auch künftig als Stichwortgeber benutzen möchte – die mögliche Qualität seiner „Rommel“-Biographie hin oder her….