Mein Leben, Meine Filme – Die Autobiografie
Mit Lorenzo De Luca und David De Filippi
Aus dem Italienischen von Leo Schmidt
224 Seiten m. Abb.
ISBN 978-3-86265-041-5
Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf 2011
Preis: €19.95
Als sich der Italowestern Anfang der 1970er Jahre nach einer kurzen Blüte bereits wieder seinem Ende zuneigte, war die große Zeit von Bud Spencer und Terence Hill. Filme wie „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ machten das Duo populär. Es folgten „Vier Fäuste für ein Halleluja“ und Lichtspiele mit programmatischen Titeln wie „Plattfuß räumt auf“. In schäbigen Quasi-Western-Kulissen im spanischen Almeria wurde heftig geprügelt und kalauert. Der logische Gang einer Handlung spielte dabei weniger eine Rolle.
Wobei sich der deutsche Tobis-Verleih bemühte, die italienischen Originale noch einmal im Schwachsinn zu toppen. Da wurde nach Gusto umgeschnitten und zur Erhöhung des Spaßfaktors synchronisiert, ohne sich vom Original in irgendeiner Weise irritieren zu lassen. Ein Meister in diesem Fach war Rainer Brandt. Dadurch war es hüben wie drüben der Alpen problemlos möglich, Bud Spencer & Terence Hill-Filme in immer neuen Fassungen und unterschiedlichen Titeln in die Kinos zu bringen. Ein lukratives Geschäft in der krisengeschüttelten Filmbranche der Zeit.
Natürlich hießen die beiden Akteure in Wirklichkeit auch nicht Bud Spencer und Terence Hill, sondern Carlo Pedersoli und Mario Girotti.
Während Perdersoli zumindest in der Bundesrepublik ein unbeschriebenes Blatt war, hatte der blonde, blauäugige Mario Girotti bereits eine bemerkenswerte Filmkarriere hinter sich, bevor er sich sein amerikanisierendes Pseudonym zulegte.
Nachdem Girotti in Viscontis „Leopard“ aufgefallen war, gehörte er ab 1965, niveaumäßig ein paar Stufen darunter, eine Zeitlang zum Stammpersonal der Karl-May-Verfilmungen. Z. B. war der smarte Italiener „Unter Geiern“ dabei. Nachdem es mit den Hau-drauf-Filmen nicht mehr so gut lief, versuchte sich Mario Girotti auch als Regisseur.
Doch das nur Nebenbei: der bereits in die Jahre und zu beträchtlicher Leibesfülle gekommene Bud Spencer/Carlo Pedersoli stand immer ein bisschen im Schatten des Mario Girotti. Dabei hat er viel zu erzählen. Das beweist seine Autobiographie, deren deutsche Übersetzung in diesem Frühjahr bei Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen ist. Dahinter steckt ein schlauer Kopf! Der sich klugerweise zwei Journalisten als Ghostwriter engagierte.
Carlo Pedersoli ist als Sohn wohlhabender Eltern 1929 in Süditalien geboren worden. Als stattlicher junger Mann machte er als Schwimmer Karriere. Bei der Olympiade 1956 reichte es zwar nur zum elften Platz – aber immerhin. Lässig beschreibt er das in seinem Buch als interessante Episode. Von der er sich anscheinend ohne sonderliche Trauer verabschiedete, ebenso wie von seiner Adonis-Figur…
Nach einer Episode als Musikproduzent – unter Anderem für Rita Pavone – kam dann ab 1967 die große Filmkarriere. Dazu verhalf ihm sein Schwiegervater Peppino Amato. Zeitweilig einer der wichtigsten italienischen Filmproduzenten (u.a. von Fellinis „La dolce vita“).
Bud Spencer/ Carlo Pedersoli“ beschreibt seine Arbeit beim Film mit wohltuender Distanz und lässt keinen Zweifel an der bedingten Qualität der Produktionen. Vielmehr vermittelt er einen authentischen Einblick in die Produktionsverhältnisse, unter denen in den 1970er Jahren in Italien maßen kompatible Filme hergestellt wurden. Erzählt von der persönlichen Begegnung mit Gebrauchsfilmemachern wie Giuseppe Colizzi und natürlich E.B. Clucher. Hinter diesem Pseudonym versteckte sich Enzo Barboni, einer der besten italienischen Kameramänner, wenn er Spencer/Hill-Filme als Regisseur zu verantworten hatte.
Ganz nebenbei erfährt der Leser von “Bud Spencer. Mein Leben, Meine Filme“ vom enormen kreativen Potential des Autors, der sich in seinem Buch als kompromissloser Lebenskünstler und Familienmensch verstellt. Nicht das schlechteste Image. Literarisch nicht unbedingt eine Sternstunde, aber eine interessante Innenansicht der italienischen Filmbranche über mehrere Jahrzehnte. Das macht den Wert dieser Lebensgeschichte aus. Selbst wer sich bisher von den Spencer/Hill-Klamotten mit Grausen abwandte, bekommt nach der Lektüre Lust, sie sich einmal näher anzusehen.
Zumal es die Meisten inzwischen in restaurierten (englisch/italienischem) Originalzustand gibt. Koch Media kündigt beispielsweise für diesen Monat gleich zwei Editionen an: „Bud Spencer ist Jack Clementi“ in zwei Boxen und die „Terence Hill und Bud Spencer-Box 1&2“.