Ein historischer Sechsteiler von Tom Fontana.
Regie: Oliver Hirschbiegel (Folgen 1,2), Dearbhla Walsh (Folge 3), Metin Huseyin (Folgen 4,6), Christoph Schrewe (Folge 5)
Mit John Doman, Mark Ryder, Stanley Weber, Udo Kier, Andrea Sawatzki
Sendung: Ab 17. Oktober 2011, 20.15 (ZDF)
Die Familie der Borgias war Anfang des 15. Jahrhunderts aus Spanien nach Italien eingewandert und hat es innerhalb kurzer Zeit zu beträchtlichem Reichtum und Machtfülle gebracht. Die Borgias stellten zwei Päpste. Trotzdem blieben sie in der Gesellschaft ihrer Zeit Fremde, die wenig Freunde hatten. Vor allem Rodrigo Borgia, der spätere Papst Alexander VI., gab durch seinen Lebenswandel und die Besetzung von politischen Schlüsselpositionen reichlich Stoff für Empörung. Das begleitete auch seinen Nachruhm als Sexmonster, das über Leichen ging. Historiker streiten seit Langem über das wahre und das falsche Bild der Borgias in der Überlieferung. Mit dem Maß der Ausschweifungen bei den Borgias beschäftigten sich Schriftsteller und Filmemacher. Aber heute Abend bringt eine TV-Serie, international koproduziert, in 6 x 100 Minuten ultimativ das Lotterleben der Borgias auf den heimischen Bildschirm.
Rodrigo Borgia (John Doman) hat mit Hilfe seines Onkels, Papst Kalixt III. in der kirchlichen Hierarchie Roms in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschmeidig Karriere gemacht. Dem nächsten Papst, Innozenz VIII. (Udo Kier), ist er als Vizekanzler zu Diensten. Als Innozenz stirbt, erhebt Borgia Anspruch auf dessen Nachfolge:. Mit Erfolg.
Geschickt stabilisiert Borgia seine Macht als Alexander VI., in dem er mit seinen Söhnen Juan (Stanley Weber) und Cesare (Mark Ryder) Schlüsselpositionen besetzt. Der nur mäßig begabte Juan wird Chef der päpstlichen Garde und greift bei Gelegenheit selbst zum Holzhammer, um Rivalen des Vaters ins Jenseits zu befördern. Der Mann fürs Grobe.
Im Gegensatz zu seinem Bruder Juan ist Cesare ein schlauer Stratege, der nicht nur an Vaters Macht, sondern auch an seine eigene denkt. Auch seine bildhübsche Tochter Lukrezia (Isolda Dychauk) benutzt Rodrigo Borgia im Poker zur Stabilisierung seiner Herrschaft.
Rodrigo Borgia/Papst Alexander VI. gilt als eine schillerndsten Persönlichkeit an der Schwelle vom Mittelalter zur Renaissance. Die historische Quellenlage zeichnet ein widersprüchliches Bild von der Herrschaft der Borgias. Einerseits berichten Zeitzeugen von Mord, Totschlag und skrupellosem Machtmissbrauch, andererseits dienten Rodrigo und Cerare als Vorbild für Machiavellis Denkschrift „Il Principe/Der Fürst“, förderten die Borgias Leonardo da Vinci und Michelangelo.
Die zehn Stunden lange Serie „Borgia“ versucht sich durch die Geschichte zwischen historischer Überlieferung und Fiction durchzulavieren. Es ist nicht zu übersehen, dass es sich dabei um ein Prestige-Projekt europäischer Fernseh-Anstalten handelt. Unter den Argus-Augen der TV-Verantwortlichen fanden die Dreharbeiten in den Prager Barrandov-Studios statt.
Vier Regisseure – darunter der Deutsche Oliver Hirschbiegel – versuchten redlich bei „Borgia“ aus den schlichten Drehbüchern des amerikanischen Serien-Schreibers Tom Fontana einen prallen historischen Bilderbogen zu basteln. Wobei sie das Problem hatten, sich in der Darstellung von Sex and Crime im Hause Borgia zu zügeln – die Serie wird schließlich um 20.15 Uhr gesendet.
Das Ergebnis sind in Maßen spannende Geschichtsstunden: bestens geeignet, um nebenbei Blumen zu gießen, die Katze zu füttern, zu bügeln oder die Spülmaschine auszuräumen. Nachdem die Macher von „Borgia“ bereits nach einer halben Stunde den Handlungsfaden in den komplizierten weltlichen und geistlichen Verhältnissen verloren haben, braucht man sich als Zuschauer keine Mühe machen, ihn irgendwo wieder zu finden….
Zum Schluss eine gute Nachricht für Splatter-Fans. Bereits Ende des Monats gibt es den sogenannten „Director’s Cut“ von „Borgia“ auf DVD und Blu-Ray (von StudioCanal, vormals Kinowelt): der ist frei ab 18 und serviert die Serie als ungeschnittene Schlachtpatte mit deftiger Sexbeilage…