Lange Winterabende und viele Weihnachtsfeiertage stehen bevor: sie eignen sich vorzüglich zu ausdauerndem DVD-Konsum. Garantiert abendfüllend bis ins Frühjahr ist die neue „Bonanza-Sammelbox“ zu empfehlen, die diese Woche bei StudioCanal erschienen ist: sie enthält auf 56 DVDs die ersten sieben Staffeln der Kult-Serie aus den 1960er Jahren – insgesamt 235 Folgen.
„Vier Männer und ein Chinakoch, allein in der Prärie. 18.10 Uhr, was gibt’s zu sehen? Bonanza! Jede Woche, Jahr für Jahr, das vergißt man nie!“ So bringt Oliver Kalkofe das Phänomen „Bonanza“ im Booklett zur neuen Sammelbox auf den Punkt. Die Serie startete im September 1959 und hielt sich über 14 Jahre bis 1973. Mit weltweit über 400 Millionen Zuschauern war „Bonanza“ eine der langlebigsten und erfolgreichsten TV-Serie der Fernsehgeschichte. Die Titelmusik wurde zu einem Hit – an den sich neben Johnny Cash auch Heino mit eigenen Versionen anhängte.
In Westdeutschland war „Bonanza“ ab 13. Oktober 1962 zu sehen. Zunächst in der ARD. Wurde aber bereits nach 13 Folgen wieder aus dem Programm genommen. Begründung: zu brutal. Eine der peinlichsten Fehlentscheidungen der ARD. Fünf Jahre später kehrte „Bonanza“ denn im unattraktiven Vorabendprogramm am Sonntag des ZDF wieder auf den Bildschirm zurück und wurde da zum Renner! In jüngster Zeit haben Privatsender wie SAT 1 und KABEL 1 den Mythos weiter gepflegt. Kinowelt bzw. StudioCanal veröffentlicht nach und nach die Serie auf DVD. Eine Sammlerbox in liebevoller Holz-Optik mit den Staffeln eins bis sieben wurde dieser Tage zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt gebracht. Die Box 2 mit dem Rest soll im nächsten Jahr folgen.
Die deutschen Fassungen wurden von unterschiedlichen Sprechern synchronisiert – je nach Auftraggeber – ARD, ZDF oder den Privatsendern. Allein dem Patriarchen Ben Cartwright, gespielt von Lorne Greene lieh Friedrich Schütter durchgehend seine Stimme.
Die amerikanischen Produzenten von „Bonanza“ waren mit der Serie ein Wagnis eingegangen. Die nicht unbedingt Erfolg garantierende Konzeption sah von Anfang an eine Familien-Serie im Western-Milieu des späten 19. Jahrhunderts vor. Deshalb wurde auf eine genreimmanente Gewaltdarstellung grundsätzlich verzichtet. Außerdem von Anfang an in Farbe gedreht. Wenn denn einmal geschossen wird, dann aus einer eindeutigen Notwehr-Situation heraus und diskret außerhalb des Bildes. Allerdings wird gerne viel geprügelt, rau aber herzlich…
Angesichts des selbst für 1960er-Verhältnisse äußerst zurückhaltenden Umgangs mit Gewalt macht die Haltung der ARD-Verantwortlichen auch aus heutiger Sicht unverständlich. Vermutlich hing das Canceln der Serie mehr mit der seltsamen personellen Besetzung der Serie zusammen, die Unbehagen bereitete:
Auf der weitläufigen Ponderosa-Ranch lebt Vater Ben Cartwright mit seinen drei erwachsenen Söhnen Adam, Hoss und Little Joe. Zum engeren Kreis der Familie gehört noch der Chinese Hop Sing, der für das leibliche Wohl der Cartwrights sorgt.
Die drei Söhne Cartwright haben drei unterschiedliche Mütter, die alle das Zeitliche gesegnet haben. Das erfährt der Zuschauer aber nur nebenbei. Die Männerwirtschaft genügt sich selbst. Frauen spielen in „Bonanza“ nur Nebenrollen. Damit niemand auf die Idee kommen könnte, die Herren seien schwul – in den 1960er Jahren ein absolutes Tabu – kreuzen Frauen dann und wann den Weg von Ben, Adam, Hoss und Little Joe.
Zu dauerhaften Beziehungen kommt es in „Bonanza“ nie: entweder sind die Damen bereits vergeben, wollen dann doch lieber eigene Wege gehen oder kommen tragischer Weise ums Leben. Am Ende sind die Herren jedenfalls wieder glücklich allein auf der Ponderosa-Ranch. Wir lernen, Frauen sind unberechenbar, besitzergreifend und irgendwie dann doch lästige Störenfriede, die sich nicht unterkriegen lassen…
Da blieben die Männer lieber unter sich und sorgten für Ruhe im Land, Recht und Ordnung. Vor allem für klare Verhältnisse. Auch zu Hause: Vater hat das Sagen und die Jungs nicht zu Meckern. Die Welt ist im Prinzip heil und wenn nicht, wird einer der Cartwrights dafür sorgen, dass sie es am Ende jeder Folge wieder wird.
Das Geheimnis des Erfolgs der Serie – die die gesellschaftspolitisch stürmischen 60er Jahre mit stoischer Ruhe überstand!
Heute ist es freilich nicht nur Nostalgie, die den Charme von „Bonanza“ mit seinem gelegentlich trockenen Humor ausmacht. Es ist die perfekte Art der Inszenierung. Man merkt, dass die Folgen von Profis – unübersehbar in Studiokulissen – inszeniert wurden. Unter Anderem von Tay Garnett und dem jungen Robert Altman. Auf den DVDs gibt es neben den teilweise erheblich gekürzten deutschen Fassungen auch das englische Original – allerdings ohne deutsche Untertitel. Aber die sind auch entbehrlich: „Bonanza“ komplett von Staffel eins bis sieben auf 56 DVDs. Das hat natürlich seinen Preis: rund 160 Euro. Es gibt die Staffeln aber auch einzeln. Sie kosten jeweils zwischen 30 und 40 Euro.