Deutschland 2010/11
Regie: Veit Helmer
Mit Alexander Asochakov, Marie de Villepin, Sitora Farmonova
Kinostart: 1. September 2011
Wer würde nicht gerne einmal den blauen Planeten Erde bei einem Trip ins All aus der Entfernung sehen. Theoretisch ist Weltraum-Tourismus für Nicht-Astronauten inzwischen möglich – zumindest vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus, sofern man rund 20 Millionen Dollar dafür ausgeben möchte. Ein bizarres Vergnügen. Nach dem Schweizer Dokumentaristen Christian Frei beschäftigt sich damit Veit Helmer in seinem neuen Film „Baikonur“, der diese Woche in die Kinos kommt.
Der junge Iskender (Alexander Asochakov) ist ein kluger Kopf, deshalb wird er in seinem Heimatdorf in der Nähe des russischen Weltraumbahnhofs Baikonur „Gagarin“ genannt. Nach dem ersten russischen Astronauten. Die Dorfgemeinschaft lebt von den Metallteilen der Raketen, die nach dem Start von den Weltraumfähren abgestoßen werden und vom Himmel fallen.
In seiner Jurte verfolgt Iskender die Starts mit Hilfe eines Funkgeräts aus ehemaligen sowjetischen Armeebeständen. Dann berechnet er die Stelle in der Wüste, an der mit dem Fallout der Raketenteile zu rechnen ist. Iskender/Gagarin fühlt sich damit freilich nicht ausgefüllt. Er träumt von einer Astronauten-Karriere. Die Chancen sind für den armen Nomaden-Sohn freilich gleich Null. Da geschieht in bzw. über Baikonur Unerhörtes: Die französisches Weltraum-Touristin Julie Mahé (Marie de Villepin) geht bei der Landung verloren.
Iskender findet die blonde Schöne aus dem Westen, deren Landekapsel aus der voraus berechneten Flugbahn geraten ist. Er verliebt sich unsterblich in sie. Allerdings haben ihre Sinne unter der Reise ins All und dem Absturz Schaden genommen. Als es Julie schließlich dämmert, wohin sie geraten ist, zeigt sie ihrem Retter zunächst arrogant die kalte Schulter, aber dann geschieht ein Wunder…
Wie der knitze Iskender dann doch noch zu Traumjob und Traumfrau kommt, davon erzählt Veit Helmer in „Baikonur“. Der Regisseur von „Tuvalu“ und „Absurdistan“ hat sich in den letzten Jahren als Spezialist für cineastische Skurrilitäten etabliert. Für Geschichten zwischen Traum und Wirklichkeit. Diesmal geht es ihm um den Traum vom Fliegen in der Unendlichkeit des Weltalls…
Eine wesentliche Inspiration zu seinem Film „Baikonur“ verdankt Veit Helmer dem Dokumentarfilm „Space Tourists“, den der Schweizer Regisseur Christian Frei 2009 gedreht hat: Er beschreibt nicht nur den gefährlichen Job der Raketenschrottsammler in der kasachischen Steppe in der Umgebung von Baikonur, sondern auch den Flug der amerikanischen Milliardärin Anousheh Ansari zur Internationalen Weltraumstation ISS. Den 10-tägigen Trip mit einer russischen Sojus-Rakete war ihr 20 Millionen Dollar wert.
Veit Helmer machte daraus ein modernes Märchen vom Fliegen mit einer Prinzessin und einem kleinen Prinzen. Trotz einiger Längen und der gelegentlich ungebremsten Liebe des Regisseurs zum pittoresken Detail hat das Ganze Witz und bietet entspannte Unterhaltung.
P. S. Christian Freis „Space Tourists“ ist inzwischen auf DVD zu haben.