Baby-Boom auf DVD: Aber keine Filme, die sich allein an den niedlichen Kleinen ergötzen, sondern Dokumentationen, die sich mit dem schwierigen, anstrengenden „Langen Weg ans Licht“ beschäftigen. So der treffliche Titel von Douglas Wolfspergers Film aus dem Jahr 2006, den es bereits seit einiger Zeit von Farbfilm auf DVD gibt.
Im Mittelpunkt steht Edeltraud Hertel. Sie ist mit Leib und Seele Hebamme. Nicht nur in Meerane in der Nähe von Chemnitz, sondern auch in Afrika hilft sie Kindern auf die Welt. Gleichzeitig gelang dem Regisseur hier die Beschreibung eines traditionsreichen Berufs, der sich im Umbruch befindet. Hausgeburten mit einer Hebamme ge-hören inzwischen zu den Ausnahmen. Die Schulmedizin sieht sie mit Besorgnis und empfiehlt eine Entbindung im Krankenhaus. Auch davon handelt Wolfspergers Film. Einem schönsten Filme zum Thema Geburt und den Beginn des Lebens. Der Regisseur gibt seiner Protagonistin und Gynäkologen Raum, über ihre Beruf und ihre Zusammenarbeit nachzudenken.
Wolfsberger begleitet die Hebamme unterstützt von Kameramann Igor Luther durch ihren Berufsalltag zwischen Afrika und Ostdeutschland, der für sie Berufung ist. Dabei bietet sein Film Einblick in das weite Feld von Schwangerschaft, Geburt, Geburtenkontrolle und Schwangerschaftsabbruch. Innerhalb und außerhalb der gynäkologischen Abteilung eines deutschen Krankenhauses.
In der ihm eigenen Kunst des Zuhörens und diskreten Nachfragens gelang es Douglas Wolfsperger in „Der lange Weg ans Licht“, über das Portrait einer faszinierenden Persönlichkeit hinaus, einen ganzen Kosmos filmisch zu fassen zu bekommen. Im Bonusteil der DVD vertiefen Sequenzen den Inhalt, die nicht im Film enthalten sind.
Dasselbe Thema – „Geburt“ – aber ein völlig anderer Ansatz: Das ist der mit großem Budget realisierte Dokumentarfilm „Le premier cri/Der erste Schrei“ des französischen Regisseurs Gilles de Maistre aus dem Jahr 2009. Für die Aufnahmen zu diesem Film ist er rund um den Globus gereist. In Mexiko dokumentierte er eine Wassergeburt und traf die darauf spezialisierte Hebamme.
In hochpoetischen Bildern schildert „Der erste Schrei“ zum Beispiel die weltweit verschiedenen und doch im Grunde gleichen meditativen Möglichkeiten der Geburtsvorbereitung.
Liebevoll beschreibt Gilles de Maistre das Ideal der sanften Geburt unterm Sternenhimmel – im Einklang mit der Harmonie.
„Der erste Schrei“ ist bei Arthaus-Kinowelt auf DVD erschienen. Zu den Extras gehört ein aufschlussreiches Manking-Off, in dem auch der häufig Dissens zwischen sanfter Geburt und der im Kreissaal einer Klinik thematisiert wird.
Mit dem Verweis auf archaische Höhlenwelten beginnt der renommierte Schweizer Dokumentarfilm-Regisseur Erich Langjahr seinen Film „Geburt“, den er zusammen mit seiner Frau Silvia Haselbeck gedreht hat: Geburt im gehobenen Mittelstand in der Schweiz: Reflexzonen-Massage für die Schwangere. Alles ist bestens vorbereitet – nicht nur physisch, sondern auch psychisch im Gleichklang mit sich und der Welt.
Diese elementare Erfahrung haben auch Hasselbeck und Langjahr bei ihrem Film „Geburt“ im Fokus, ihre Protagonistinnen den quasi „privaten“ Rahmen einer sterilen Krankenhaus-Atmosphäre vorgezogen. Kein Problem, solange die Geburt ohne Risiko verläuft.
„Geburt“ von Silvia Haselbeck und Erich Langjahr ist das einfühlsame Dokument einer einzigartigen Erfahrung. Dabei filmisch elegant und gleichzeitig berührend umgesetzt – ohne den Protagonisten zu nahe zu kommen. Auf DVD von Langjahr Film zu haben.
Noch spannender als die Geburt selbst, ist für alle Beteiligte das, was dann kommt: wenn sich nämlich der neue Mensch aufmacht, die Welt für sich zu erobern. Das fängt schon kurz nach der Geburt an. Einer der besten Filme der letzten Zeit zu diesem unerschöpflichen Thema ist „Babys“ von Thomas Balmès.
Sie heißen Ponijao, Bayar, Mari und Hattie. Geboren in Namibia, in der Mongolei, in Japan und in den USA. Auf so einfühlsame wie originelle Weise begleitete der Regisseur die vier Kinder in ihren ersten Lebensmonaten. Das Ergebnis ist kein niedlicher Baby-Film, sondern Portraits von Persönlichkeiten, die mit zäher Ausdauer lernen, was Leben heißt. Die sorgfältig ausgestattet DVD hat Arthaus-Kinowelt veröffentlicht. In einem ergänzenden Interview erklärt Regisseur Thomas Balmès seine Konzeption.
Babys und wie sie auf die Welt kommen: damit beschäftigen sich die Filme „Der lange Weg ans Licht“, „Der erste Schrei“, „Geburt“ und „Babys“: die DVDs kosten zwischen sieben und 18 Euro.