„2001 – Odyssee im Weltraum“, „Dr. Seltsam“ oder „Uhrwerk Orange“ haben Stanley Kubrick zu einem der wichtigsten Filmemacher des 20. Jahrhunderts gemacht. Sein Werk gehört zum Kanon der Filmgeschichte. Wird häufig im Fernsehen gezeigt und steht in diversen DVD-und Blu-ray-Editionen zur Verfügung. Außer einem, seinem Spielfilm-Debut „Fear and Desire“ von 1953. Kubrick nannte den Film „undramatisch und peinlich prätentiös“ und hielt ihn zeitlebens unter Verschluss. Auch die Nachlassverwalter hielten sich nach seinem Tod 1999 an die Entscheidung des Regisseurs. Bis jetzt: Nachdem die ursprünglichen Verleihrechte erloschen sind, stand einer Veröffentlichung von „Fear and Desire“ zumindest juristisch nichts mehr im Wege. In Deutschland ist er diese Woche bei dem kleinen Label Schröder-Media auf DVD erschienen.Noch kürzlich haben Kubricks Nachlass-Verwalter – seine Witwe Christiane und sein Schwager Jan Harlan – betont, dass sie seine Entscheidung, „Fear and Desire“ für die Öffentlichkeit zu sperren, unter allen Umständen auch in Zukunft respektieren würden. Deshalb war der Film auch nicht im Rahmen von Retrospektiven und wissenschaftlichen Symposien zu sehen und führt selbst in den seriösen Monographien über Stanley Kubrick ein Schattendasein. Auf Grund einer rechtlichen Lücke ist „Fear and Desire“ jetzt von den Erben des ursprünglichen amerikanischen Filmverleihs aus dem Tresor geholt und auf DVD veröffentlicht worden.
Christiane Kubrick musste also klein bei geben, was ihr als Gralshüterin des Vermächtnis ihres Mannes sicher nicht leicht gefallen ist. Zumindest konnte sie erreichen, dass sich die großen Unternehmen Warner bzw. Fox – die sämtliche Filme Stanley Kubrick betreuen – weigerten, das heiße Eisen „Fear and Desire“ anzufassen. Deshalb landete der Film bei Anbietern am Rande des DVD-Marktes. In Deutschland bei der „Schröder-Media-GmbH.
Die schlichte, billig hergestellte deutsche Synchronisation ist typisch für die „Fear and Desire“-Edition, für die wohl nicht einmal die Masterbänder der Musik zur Verfügung standen. Keinerlei Extras, wobei es gerade bei diesem Kubrick-Film Einiges zu sagen gäbe. Aber das wusste Christina Kubrick zu verhindern. Immerhin gibt es auf der Disc das englische Original – allerdings – ebenfalls aus rechtlichen Gründen – ohne deutsche Untertitel: Da muss man schon sehr genau hinhören, um zu verstehen, um was es bei „Fear and Desire“ geht. Also doch die deutsche Tonspur…
Vier Soldaten sind im Niemandsland unterwegs: getrieben von Angst und dem absoluten Willen zu überleben. In einer Hütte entdecken sie einen feindlichen General und seinen Stab. Sie töten die Männer und stellen fest, dass die ihnen verblüffend ähnlich sehen. Kubrick besetzte Freund und Feind mit denselben Schauspielern. Ein Symbol dafür, dass im Krieg egal ist, auf welcher Seite man steht …
Nach der Sichtung von „Fear and Desire“ muss sicher nicht das Kubrick-Kapitel der Filmgeschichte neu geschrieben werden! Aber bereits in diesem, knapp 60 Minuten langen Debut des Regisseurs ist alles angelegt, was seine Bedeutung ausmacht: zum Beispiel die Janus-Köpfigkeit von Gut und Böse, Schuld und Sühne die sich am Verhalten einer Männergruppe manifestiert, die meint moralische Grenzen überschreiten zu können. „Fear and Desire“ ist Kubricks Credo auf den Punkt gebracht, wenn er sagt: „Mit der menschlichen Persönlichkeit ist schon von Natur aus etwas nicht in Ordnung!“ „Fear and Desire“: Eine faszinierende Vorstudie zu den perfekten Antikriegsfilmen des Meisters „Wege zum Ruhm“ und „Full metal jacket“ ! Die DVD-Premiere ist für 7.80 Euro zu haben und schließt auch so eine Lücke in der Stanley Kubrick-Rezeption…