USA/Deutschland 2011
Regie: David Cronenberg
Mit Keira Knightley, Viggo Mortensen, Michael Fassbender, Vincent Cassel
Kinostart: 10. November 2011
Filme wie „Die Fliege“ oder „Nacked Lunch“ haben den kanadischen Regisseur David Cronenberg als Meister für die Beschreibung der Psychopathologie des Alltagslebens im Kino berühmt gemacht. Im vergangenen Jahr drehte Cronenberg unter anderem in Konstanz am Bodensee mit Unterstützung der Baden-Württembergischen Filmförderung seinen neuen Film „A dangerous method“. Er handelt von der Liason zwischen dem Züricher Psychoanalytiker C.G. Jung und seiner Patientin Sabina Spielrein. Der Film spielt Anfang des 20. Jahrhunderts. Weil die Uferregion des Züricher Sees seitdem ihr Aussehen drastisch verändert hat, wurden die Außenaufnahmen am weniger zersiedelten Bodensee gedreht. Heute findet bei den diesjährigen Filmfestspielen von Venedig die Uraufführung von „A dangerous method“ statt.
Am 17. August 1904 wird Sabina Spielrein, Tochter aus vermögenden jüdischen Hause, in die Züricher Nervenklinik Burghölzli eingewiesen. Der behandelnde Oberarzt Carl Gustav Jung zweifelt an der Diagnose Hysterie und glaubt eher an eine Angstneurose der Patientin, die frühkindliche Ursachen hat. Auf der Basis der Forschungen seines Wiener Mentors Sigmund Freud sucht Jung nach neuen therapeutischen Wegen zur Behandlung seelischer Störungen – zum ersten Mal bei Sabina Spielrein.Jungs Sprachtherapie, ein Vorläufer der Psychotherapie, hat bei Sabina Spielrein Erfolg.
Sie lernt mit ihren Ängsten umzugehen und beginnt Medizin zu studieren. Allerdings sind sich im Laufe der Therapie Arzt und Patientin emotional in einer Weise näher gekommen, dass daraus ein enges auch sexuelles Verhältnis wurde. Mit fatalen Folgen. Jung ist verheiratet. Ein Skandal.
Sowohl Sabina Spielrein als auch C. G. Jung bitten Sigmund Freud um Rat. Der sieht in der Beziehung zwischen den beiden „eine therapeutische Grenzverletzung“. Jung muss sich von Freud sagen lassen, das er zwischen seinen privaten Gefühlen und seiner Aufgaben als Arzt nicht zu unterscheiden weiß. Freud wird als Konsequenz aus der Affäre, die auch ihn persönlich tangiert, vorschlagen, eine sogenannte „Lehranalyse“ in das Regelwerk der Ausbildung künftiger Psychoanalytiker aufzunehmen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Das Verhältnis zwischen C.G. Jung und Sigmund Freud ist inzwischen massiv gestört. Zumal sich Sabina Spielrein im Rahmen ihrer eigenen beruflichen Entwicklung als Psychotherapeutin, aber auch menschlich zu Freud hingezogen fühlt. Als Jung 1912 in seinem Buch „Wandlungen und Symbole der Libido“ Freud kritisiert, kommt es zum Bruch zwischen den Beiden.
Unter dem Titel „A dangerous method“ hat der englische Autor John Kerr die komplexe Beziehung zwischen Freud, Jung und Spielrein be-schrieben, die für die Entwicklung der modernen Psychotherapie von entscheidender Bedeutung war. Kerrs Standartwerk, das eben in Deutschland unter dem Titel „Eine höchst gefährliche Methode“ als Taschenbuch neu aufgelegt wurde, diente als Grundlage für David Cronenbergs Film.
Akribisch folgt der Regisseur dem historisch von allen Beteiligten dokumentierten Beziehungs-Chaos zwischen Jung, Freud und Spielrein. Das Ergebnis: Ein elegant inszeniertes Kammerspiel über Menschen im Grenzbereich zwischen dem Pathologischen und dem sogenannten Normalen. Da hat David Cronenberg von jeher seine Filme angesiedelt – von „Videodrom“ bis „Eastern Promises“. Im Gegensatz zu seinen bisherigen Arbeiten verzichtete der Regisseur diesmal aber auf blutige Horrormomente. Seine Hardcore-Fans werden enttäuscht sein.
Alle anderen erwartet ein atmosphärisch ungemein dichter dokumentarischer Spielfilm über die Anfänge der Psychoanalyse, der ohne exaltierte Momente auskommt.
Neben Michael Fassbender als Jung und Viggo Mortensen als Freud überzeugt vor allem Keira Knightley als Sabina Spielrein. „A dangerous method“ wird ab 10. November in deutschen Kinos zu sehen sein. Unter dem ziemlich irreführenden Titel „Dunkle Begierden“…..