Aus „Bollywood and beyond“ wurde einfach „Indisches Filmfestival Stuttgart“: unter neuem Namen, aber zum 9. Mal, die ganze Bandbreite indischen Filmschaffens in der Baden-Württembergischen Landeshauptstadt. Gestern Abend wurde das Festival mit Glamour auf dem Roten Teppich eröffnet. Das hat seinen Grund: Es handelt sich dabei um eine der weltweit wichtigsten Veranstaltungen dieser Art und als „Fenster“ des indischen Films nach Europa geschätzt. Entsprechend hochkarätig die Liste der Gäste, die noch bis zum Wochenende erwartet werden.
Ungezogene Kinder, eine überforderte Mutter in einer Welt voller Stolpersteine. Das Ganze vor der atemberaubenden Kulisse Radjasthans – als Mischung aus Dokumentar-und Spielfilm inszeniert: gestern Abend der Eröffnungsfilm „Dekh Indian Circus“ von Mangesh Hadawale zum Auftakt des diesjährigen „Indischen Filmfestivals Stuttgart“. Ein sozialkritischer Film mit heiteren Zwischentönen über Armut in Indien und die Mühsal ihrer Überwindung. Ein typisches Beispiel für ein junges indisches Kino, dem Oliver Mahn und sein Team vom „Filmbüro Baden-Württemberg“ mit seinem Festival ein Forum bieten will.
Wurde über Jahrzehnte in Indien nahezu ausschließlich für den einheimischen Markt produziert wurde, hat sich die Situation in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Von den großen Studios – z. B. in Mumbai – unabhängige Produzenten und Regisseure pflegen den Austausch mit Europa und Amerika.
Einer der interessantesten Filme dieses Festivals heißt „Kshay“. Ein strenger Film in Schwarz-weiß, für den Regisseur Karan Gour eben beim Filmfestival von Shanghai mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde. Eine Ästhetik, die an den Französischen Film der 1960er Jahre erinnert, aber auch an klassische indische Vorbilder, illustriert eine raffinierte Geschichte über die Grenzen der Kreativität in einer Zeit der Veränderungen.
Spannende Entdeckungen auch beim indischen Dokumentarfilm.
In „The Bengali Detective“ wird nicht nur unterkühlt der Alltag in einer Polizeistation in einer indischen Großstadt dokumentiert, sondern auch wie die Polizisten nach Feierabend den täglichen Frust abreagieren, in dem sie für einen Bollywood-Tanzwettbewerb des Fernsehens trainieren.
A propos: Bollywood. Das gibt es natürlich auch noch. Diese bekannteste Spielart des indischen Kinos ist zwar etwas aus der Mode gekommen. Trotzdem erweist ihm das „Indische Filmfestival Stuttgart“ seine Referenz: die indische Filmlegende Suhasini Maniratnam ist zu Gast. Seit 1980 hat die Schauspielerin in knapp 100 Bollywood-Filmen mitgewirkt und ist damit einer der bekanntesten Filmstars in Indien. Ihren Erfolg sieht sie ironisch distanziert:
„In der indischen Gesellschaft und natürlich auch im Film dominieren Männer – mehr oder weniger heroisch. Ich habe immer etwas dagegen gesetzt: die kluge Frau, die ihre Qualitäten kennt und die man deshalb gerne als Vertraute oder als Nachbarin hätte. Dafür habe ich ein dankbares Publikum gefunden“.
Noch bis zum Wochenende präsentiert das „Indische Filmfestival“ in Stuttgart die ganze Bandbreite des Indischen Films – auf den großen Leinwänden der eleganten Stuttgarter Innenstadtkinos am Schloßplatz. Außerdem bietet ein umfangreiches Rahmenprogramm – vom Tanzworkshop bis zum Konzert – zusätzliche Einblicke in die indische Kulturlandschaft…