Obwohl sich Dokumentarfilme weltweit immer größerer Beliebtheit erfreuen und Regisseure in diesem Genre kreativ sind, haben Dokumentarfilme in den deutschen Kinos einen schweren Stand. Zum Glück gibt es DVDs, die außergewöhnliche Dokumentationen auch hierzulande zugänglich machen. Die rührige 2001-Edition hat eben drei bemerkenswerte Beispiele über Persönlichkeiten veröffentlicht, die jede auf ihre Art Geschichte gemacht hat.
„Ain’t no sunshine“ hat Bill Withers 1971 bekannt gemacht. Der 1938 als Sohn eines Baptistenpredigers geborene afroamerikanische Sänger hat seine Musiker-Karriere als Autodidakt begonnen. Vorher war er Soldat und Installateur. International wurde Withers allerdings selbst nur indirekt bekannt – durch Cover-Versionen seiner in den USA höchst erfolgreichen Songs. Populär machten sie erst Michael Jackson, Sting – und in Deutschland Yvonne Catterfeld. Inzwischen hat sich Bill Withers weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück gezogen. Für ihren 2009 uraufgeführten Dokumentarfilm „Still Bill“ haben Damani Baker und Alex Vlack über Jahre Interviews mit Bill Withers geführt und massenweise TV-Aufnahmen mit ihm ausgewertet. Der Film über eine Ausnahmepersönlichkeit erlebt seine deutsche Premiere in der „Dokumentarfilmreihe“ der „Zweitausendeins“ DVD-Edition.
Sympathisch uneitel erzählt der Musiker in „Still Bill selbst ein bisschen erstaunt über seine Karriere. In einer Zeit als in den USA Rassismus noch zum Alltag in der Gesellschaft gehörte.
1985 hat Bill Withers seine aktive Karriere beendet und widmet sich seit dem der Familie und seinem gesellschaftspolitischen Engagement. Dass sich Andere seiner Musiker bedienen, sieht er gelassen bis amüsiert. Im selbst geht es vor allem um den eigenen Seelenfrieden…
„Still Bill“ ist mit ausführlichem Begleittext in der „Zweitausendeins Edition“ erschienen. Die DVD enthält zwei Versionen: neben der englischen Originalfassung, die deutsche Version mit eingesprochenen Übersetzungen der Interviews.
Das Musiker Geschichte schreiben kommt häufig vor, bei Friseuren ist das seltener. Eine dieser Ausnahmen ist Vidal Sassoon, der von 1928 bis 2012 lebte und in den 1950er und 1960er Jahren die Haarmode revolutionierte: weg von der Dauerwelle, der Farah Diba-Frisur und den hochtoupierten Ungetümen auf den weiblichen Köpfen. Klare glatte Linien – sportiv, die Entsprechung zum Minirock der Mary Quant, ist Sassoons neue Linie.
Craig Tepers Dokumentarfilm „Vidal Sassoon. The Movie“ von 2010 kam nie in die deutschen Kinos. Jetzt gibt es ihn von „Zweitausendeins“. Auch formal ungewöhnlich, stellt er eine faszinierende Persönlichkeit mit einer außergewöhnlichen Biographie vor. Der bei den Dreharbeiten 81jährige Sassoon wunderte sich selbst über den Verlauf seiner Karriere.
Dabei war Friseur nicht der Traumberuf des Jungen aus bescheidenen jüdischen Verhältnissen in London, der seine Kindheit in einem jüdischen Waisenhaus verbracht hat. Deshalb nahm er 1948 erst einmal Reißaus, um am Aufbau des Staates Israel mitzuarbeiten.
Das Abenteuer machte Sassoon aber nur ein Jahr mit, denn war er wieder zu Hause in London, um wesentlich unheroischer sein eigenes Friseur-Imperium aufzubauen.
Die englische Filmindustrie wurde auf den innovativen Figaro aus der Bond-Street aufmerksam. 1966 machte Roman Polanski Sassoon international bekannt. Er ließ nicht nur seine Hauptdarstellerin Catherine Deneuve, von ihm frisieren, sondern drehte Schlüsselszenen seines Films „Ekel“ in Sassoons Londoner Salon.
Polanski war es dann auch, der Vidal Sassoon anschließend den Weg nach Hollywood ebnete. Seine Frisur für Mia Farrow in „Rosemaries Baby“ machte wieder Filmgeschichte, zumal der Film selbst eine Hommage an den Meister enthält:
„Vidal Sassoon – The Movie“ von Craig Teper ist der ultimative Dokumentarfilm über einen Star-Friseur, der das Handwerk dieses Berufes bis heute beeinflusst. Auf DVD aus der „Zweitausendeins Edition“
Nicht im Rampenlicht, sondern diskret im Hintergrund wirkte der Autor und Kunstsammler Stephan Lackner, dem zu verdanken ist, das ein Großteil der Werke des Malers Max Beckmann gerettet wurde, den die Nazis verfemt hatten. Lackner war selbst als Jude 1933 aus Deutschland vertrieben worden.
1992 ließ sich Stephan Lackner von seinem Sohn Peter zu einer Haustour durch seine Beckmann-Ausstellung in seinem Bungalow in Santa Barbara bewegen, die vom Sohn gefilmt wurde.
Für den Südwestrundfunk hat der Kulturjournalist Rudij Bergmann die private Dokumentation bearbeitet und mit einem sehr persönlichen Gespräch mit Vater und Sohn Lackner ergänzt, in dem es um Emigration, Beckmann, die verfemte Kunst und das Mäzenatentum in schwierigen Zeiten geht. Auch die DVD „Max Beckmann und sein Mäzen Stephan Lackner“ ist verdienstvoll und spannend zugleich. Ebenso wie „Vidal Sassoon“ und „Still Bill“. Und das für jeweils nur 9.99 Euro!