Lateinamerika hat sich in den letzten Jahren zu einer der kreativsten Landschaften des gegenwärtigen Weltkinos entwickelt. Das zeigt sich auch daran, dass Produktionen aus Argentinien, Peru oder Chile regelmäßig auf den Festivals von Berlin bis Venedig ausgezeichnet werden. Als eines der wichtigsten Foren für den Lateinamerikanischen Film hat sich das kleine, aber feine Festival „CineLatio“ entwickelt, das heute in Tübingen und morgen in Stuttgart eröffnet wird. Zum 19. Mal wird hier ein umfassender Einblick in das aktuelle Filmschaffen Südamerikas geboten. „CineLatino 2012“ dauert bis 18. April. Ausgewählte Filme des Programms sind auch im Kommunalen Kino Freiburg zu sehen.
Das Chanson „Gracias a la vida“ hat die chilenische Sängerin Violeta Parra weltberühmt gemacht. Sie beging 1967 aus Liebeskummer Selbstmord. „Violeta se fue a los cielos“ heißt der biographische Spielfilm, den Andrés Wood über die Sängerin im vergangenen Jahr gedreht hat. Damit wird das „19. Festival CineLatino“ heute Abend eröffnet. Ein fulminanter Film, der Anfang des Jahres bei Robert Redfords „Sundance Film Festival“ stürmisch gefeiert wurde.
„Violeta se fue a los cielos“ beschränkt sich nicht nur auf eine Beschreibung des bewegten Lebens der Violeta Parra, sondern nimmt ihre Biographie ebenso wie ihre Lieder zum Anlass zu einem Streifzug durch eine gefährdete Welt im Umbruch.
Die meisten Filme werfen einen skeptischen Blick auf die momentan politisch einigermaßen stabilen Verhältnisse in den Ländern Lateinamerikas und auf die Frage, wie es den Menschen damit geht. Dabei sind die Regisseure immer auf europäische Koproduzenten angewiesen. Eine Finanzierung der Projekte mit ausschließlich nationalen Mitteln ist in den seltensten Fällen möglich. Gänzlich ausgeschlossen bei einem kleinen Land wie Paraguay. Hier werden jährlich maximal vier Filme gedreht. Die zeichnen sich aber durch Ideenreichtum und überragende Qualität aus. Deshalb bildet das aktuelle Filmschaffen Paraguays den diesjährigen Schwerpunkt bei CineLatino.
Seit einigen Jahren wird das Festival CineLatino um die Sektion CineEspanol ergänzt. Da steht diesmal der katalanische Ausnahme-Regisseur Isaki Lacuesta im Mittelpunkt, der im Laufe der Woche in Tübingen und Stuttgart erwartet wird, um seinen neuesten Film „Los pasos dobles“ persönlich zu präsentieren.
Im Rahmen von „Cine Espanol“ wird er seine deutsche Premiere feiern, bevor er dann im Sommer in die deutschen Kinos kommt: eine berückend schöne Parabel über Gut und Böse. Ein typischer Film des Regisseurs, der für seine raffinierte Kombination aus Dokumentaraufnahmen und Spielfilmszenen berühmt ist. Mit dem spanischen Produzenten Lluis Minarro kommt eine der wichtigsten Persönlichkeiten des europäischen Films ebenfalls nach Tübingen und Stuttgart. Er hat zusammen mit dem Argentinischen Regisseur Gustavo Taretto den Film „Medianeras“ realisiert, mit dem das diesjährige CineLatino-Festival am kommenden Mittwoch zu Ende geht.