Deutschland 2012
Regie: Sibylle Dahrendorf
Mit Christoph Schlingensief, Diébébedo Francis Kéré
Kinostart: 7. Juni 2012
Mit Christoph Schlingensief starb im Sommer 2010 einer der kreativsten deutschen Film-Theatermacher und Aktionskünstler der Gegenwart. Kunst und gesellschaftliche Wirklichkeit standen für ihn in einem untrennbaren Zusammenhang. Ebenso wie seine eigene Persönlichkeit. Als bei Schlingensief 2008 Krebs diagnostiziert wurde integrierte er in seinen künstlerischen Ausdruck: in seinem „Tagebuch einer Krebserkrankung: So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein“ legte er darüber Zeugnis ab. Sein wichtigstes Projekt sollte der Bau eines „Operndorfes“ in Burkina Faso sein: ein Dorf mit einer Schule, Film-und Musikklassen, einem Theater; aber auch einer Klinik und anderen Einrichtungen für den alltäglichen Be-darf der Menschen. Der Bau des Dorfes wurde nach Schlingensiefs Tod nur für kurze Zeit unterbrochen. Inzwischen konnte die Schule eröffnet werden, im Moment ist Krankenstation im Bau. „Knistern der Zeit – Christoph Schlingensief und sein Operndorf in Burkina Faso“ heißt ein Dokumentarfilm, den Sibylle Dahrendorf über das Projekt und seinen Initiator gedreht hat. „Knistern der Zeit“ wird zunächst in verschiedenen Theatern der Republik präsentiert, bevor der Film dann in die regulären Kinos der Republik kommt.
„Knistern der Zeit“. Der Titel ist Programm und der Film mehr als nur ein Nekrolog auf den Menschen und Künstler Christoph Schliegensief, der ruppige Filme wie „Das deutsche Kettensägenmassaker“ drehte, aber auch eine der tiefgründigsten „Parsifal“- Inszenierungen in Bayreuth realisierte. Man durfte sich nie von seinem jungenhaften Charme über die Ernsthaftigkeit seiner Projekte hinwegtäuschen lassen. Schlingensief war alles andere als ein Tagträumer.
Das „Operndorf“-Projekt in Burkina Faso deshalb keineswegs das spleenige Projekt eines exzentrischen Künstlers, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben mag, sondern von Anfang an solide geplant und mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen in dem afrikanischen Land abgestimmt. Zuerst Schule, Werkstätten, Krankenstation und zum Schluss das Theater…
Dafür, dass aus einem Traumprojekt Schlingensiefs Realität wurde, sorgte in erster Linie Diébédo Francis Kéré. Gebürtig aus Burkina Faso, hat er in Berlin Architektur studiert und sich durch seine zukunftsweisenden Entwürfe für zumeist Öffentliche Gebäude in Afrika einen Namen gemacht. Kéré wurde mehrfach ausgezeichnet.
Schlingensiefs Liebe zu Afrika begann als er 1996 „United Trash“ drehte. Die Freundschaft mit Diébédo Francis Kéré ergab sich in den folgenden Jahren fest fast zwangsläufig. Seelenverwandte hatten sich gefunden.
„Knistern der Zeit“ ist auf behutsame Weise auch ein Film über den langsamen Tod des Christoph Schlingensief – seine ungebrochene Begeisterungsfähigkeit bis zum Tod. Abgesehen von der tragischen Geschichte des „Operndorf“-Initiators Christoph Schlingensief, dokumentiert Sibylle Dahrendorf mit ihrem Film „Knistern der Zeit“ wie sensibel ein solches Entwicklungs-Projekt in Afrika realisiert werden muss, wenn es funktionieren soll. Die gute Absicht allein genügt nicht – ein solides gesellschaftspolitisches Fundament vor Ort ist notwendig, wenn das Ganze funktionieren soll. Ein schöneres Vermächtnis an die Nachwelt als Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso kann es nicht geben….
Die Theatertour mit „Kinstern der Zeit – Christoph Schlingensief und sein Operndorf in Burkina Faso hat am 2. Juni in der Hamburger Kampnagel Fabrik begonnen.
Macht heute Abend im Schauspiel Leipzig Station. Es folgen dann am:
10. Juni – Theaterhaus Stuttgart
11. Juni – Kammerspiele München
12. Juni – Schauspielhaus Bochum
15. Juni – Staatsschauspiel Dresden
20. Juni – Theater Bonn