Zu den frühesten Möglichkeiten des Animationsfilms gehört der Puppen-Trick: sie stellt an die Macher hohe handwerkliche Anfor-derungen. Um die Bewegungsabläufe einigermaßen naturgetreu zu gestalten, müssen die Spezialkameras nach einem exakt ausgearbeiteten Plan immer wieder angehalten werden und die Figurinen „nachgestellt“ werden. Dank der modernen digitalen Filmtechniken kann der langwierige Aufnahmeprozess heute zwar beschleunigt, das pure Handwerk bei den Figuren – seien sie aus textilen Materialien oder aus Knetmasse. Drei neue DVDs mit Puppenfilmen der unterschiedlichsten Art sind dieser Tage erschienen und laden zu einer Exkursion durch ein faszinierendes Genre ein…
Erst spät ist das Werk des ostdeutschen Puppen-Trick-Pioniers Kurt Weiler im Westen entdeckt worden. Der heute über 90jährige Filmemacher hat das Handwerk in der englischen Emigration gelernt – unter anderem bei George Pal, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Hollywood Karriere machte. Da gehörte Weiler bereits dem Defa-Studio für Trickfilm an. In seinen meist kurzen Filmen kombinierte Weiler Experimentierfreudigkeit, hohen moralischen Anspruch mit einer originellen Handlung, die nicht selten auf einer literarischen Vorlage beruhte. Zum Beispiel „Die Suche nach dem Vogel Turlipan“ von 1976, die Verfilmung eines Gedichts von Peter Hacks.
Die Parabel vom „Vogel Turlipan“ auf die Freiheit des Geistes und die kreative Kraft der Phantasie, ist eine der wichtigsten und dabei besonders typischen Arbeiten Weilers. Seine Figurinen sind immer abstrahiert und damit auf das Wesentliche konzentriert – Prototypen. Dabei erstaunlich ausdrucksstark; jahrelang arbeitete dazu mit Achim Freyer zusammen. Nach seinem Wechsel in den Westen avancierte Freyer zu einem der wichtigsten Theater-Macher in der Bundesrepublik – unter Anderem am Stuttgarter Staatsschauspiel.
Das Hauff-Märchen „Die Geschichte vom Kalif Storch“ wurde bei Kurt Weiler eine bissige Satire auf den Übermut der Ämter in einem totalitären Staat, in dem er ihm einen gütigen Herrscher gegenüber stellt, dem das Wohl der Menschen am Herzen liegt. Formal ging Weiler dabei für ihn völlig neue Wege, in dem er die aus der bildenen Kunst bekannte Collagetechnik benutzte.
Kurt Weiler realisierte im Laufe seiner Karriere auch Auftragsfilms, zum Beispiel für eine Anti-Raucher-Kampagne in der DDR. Die 2-Disc-Edition „Kurt Weiler. Die Kunst des Puppenanimationsfilms“, herausgegeben vom Deutschen Institut für Animationsfilm ist bei Absolut Medien erschienen. Im Bonusteil ein Interview mit Weiler, in dem er sich unter Anderem an seine Internierung in ein englisches Internierungslager 1939 erinnert.
Außerdem liegt der Edition ein Booklet bei, in dem Ralf Schenk die Kunst des Kurt Weiler würdigt.
Das westdeutsche Pendant zu Kurt Weiler war Ferdinand Diehl, der zusammen mit mehreren Brüdern bereits seit der Stummfilmzeit Puppenfilme produzierte. 1952 hatte „Mecki stellt sich vor“ Premiere…
Der Igel Mecki war das multimediale Maskottchen der 1950er Jahre. Seinen namenlosen Ursprung hatte es 1939 in einer Diehl-Verfilmung der Parabel vom „Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel“. Nach dem Krieg fand der drollige Halb-Tier-halb-Mensch als Comic-Figur Eingang in eine ständige Rubrik der Zeitschrift „Hör zu“. Nach dem man die Gerichte wegen der Urheberschaft bemüht und sich auf einen Vergleich geeinigt hatte, drehte Ferdinand Diehl eine Reihe von Mecki-Filmen, die jetzt auf DVD unter dem Titel „Mecki und seine Abenteuer“ bei Tacker-Film erschienen.
Eine Zeitlang war Mecki regelmäßiger Gast in der Wochenschau. Daran zeigt sich die enorme Popularität des Igels, als Symbolfigur des westdeutschen Wirtschaftswunders. Er strahlte behäbige Gemütlichkeit aus und passte so ideal in die Zeit.
Die DVD-Edition auch spannend Einblick, wie in den 1950er Jahre ein Produkt wie „Mecki“ branchenübergreifend vermarktet wurde – als Werbeträger für eine Rundfunkzeitschrift ebenso wie als Stofftier zum Knuddeln. Dazu enthält der Bonusteil der DVD ein Interview mit Ferdinand Diehls Sohn Anton. Es gab Mecki-Postkarten für jede Gelegenheit. Fünf putzige Beispiele liegen der DVD mit den Mecki – Filmen bei.
Obwohl er immer noch bei „Hör zu“ sein Gnadenbrot bekommt, ist Mecki aus der Mode gekommen. International hat er sowieso keine Karriere gemacht: Ganz im Gegensatz zu den „Muppets“.
Die hatten zwar in den letzten Jahren auch mit unter ein Karriere-Tief ab Ende letzten Jahres waren sie mit einem neuen Kinofilm „Die Muppets“ wieder da: jetzt ist der Film bei „walt-Disney-Home-Entertainment“ auf DVD und Blu-Ray erschienen.
Walter ist ein neuer Muppet, gehört Gary und Mary, großen Muppet-Fans. Gemeinsam wollen sie ihre Idole in Hollywood besuchen. Dabei müssen sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass es die Muppets nicht mehr gibt. Die Teammitglieder arbeiten mehr oder weniger erfolg-reich in bürgerlichen Berufen. Das Tier macht zum Beispiel Werbung in einem düsteren Nachtclub.
Außerdem will ein böser Geschäftsmann unter dem einstigen Muppet-Studio nach Öl bohren lassen. Doch dazu kommt es nicht: gemeinsam sind sie stark und wieder zusammen. „Die Muppets“ bietet aufgekratzte Unterhaltung für Liebhaber aller Altersklassen und eine schöne Ergänzung zum experimentellen Kurt Weiler und dem nostalgischen Mecki. Die DVDs kosten zwischen 15 und 20 Euro.