Deutschland/China 2011
Regie: Xiaolu Guo
Mit Shi Ke, Udo Kier und Mandy Zhang
Kinostart: 26. April 2012
Eine junge Chinesin ist der Enge in ihrem Heimatdorf leid und macht sich auf die Reise. In London lernt sie eine andere, nicht unbedingt bessere Welt kennen: „She, a Chinese“ heißt das autobiografische Film-Debut, für das die chinesische Schriftstellerin und Regisseurin Xiaolu Guo (sprich: Schi ao lü Gu’o) 2009 mit dem Goldenen Leoparden der Filmfestspiele Locarno ausgezeichnet wurde. Ihr neuer Film „Ufo in her Eyes“, den sie nach ihrem gleichnamigen Roman (unter dem Titel „Ein Ufo dachte sie“ deutsch im Knaus Verlag erschienen) für Fatih Akins Corazón-Produktion in China gedreht hat, kommt diese Woche in die deutschen Kinos.
Kwok Yun (Shi Ke) ist nicht mehr die Jüngste und unverheiratet. Obwohl von Haus aus konservativ, fühlt sie in dem kleinen, abgelegenen Dorf im Süden Chinas eine emotionale Leere. Die vermag auch die heimliche Affäre mit dem Dorflehrer nicht wirklich auszufüllen. Da wiederfährt Frau Yun etwas sehr Seltsames: Als sie gerade dabei ist, ihr Reisfeld zu versorgen, scheint sich der Himmel über ihr zu öffnen. Von einem magischen Licht geblendet, verliert sie die Besinnung! Als Yun aus der Ohnmacht erwacht, liegt ein schöner Fremder neben ihr, der kurz darauf wieder verschwunden ist. Die Erscheinung könnte ein Ufo gewesen sein und der Mann ein Märchenprinz aus einer fernen Galaxie.
Verstört berichtet Kwok Yun der Ortsvorsteherin, Chief Chang (Mandy Zhang), von dem Vorfall, die ihn höheren Orts weiter meldet. Umgehend erscheint ein Regierungsvertreter vor Ort, um die Angelegenheit zu untersuchen. Die Ortsvorsteherin ist eine ehrgeizige Kommunalpolitikerin, die das angebliche Ufo als Wink des Schicksals betrachtet, um ihr Dorf aus der Anonymität zu führen. Eine Chance endlich am wirtschaftlichen Aufschwung Chinas teil zu nehmen. Chief Chang hat bereits ganz konkrete Pläne: unser Dorf soll nicht nur schöner, sondern eine moderne Großstadt werden – mit einem „Ufo-Erlebnispark“ und Oper inklusive!
Soviel Engagement bleibt auch höheren Orts in Beijing nicht ver-borgen; zumal es Frau Chang gelingt, im Rahmen einer landesweiten Ufo-Marketingkampagne einen der neuen chinesischen Millionäre als Sponsoren zu gewinnen. Auch Kwok Yun wird nicht vergessen und zur „Bäuerin des Jahres“ gekürt, über die selbst in Amerika Fan-Artikel geschrieben werden. Es dauert nicht lange, da kann das einstige Dorf seine Gäste in einem Fünf-Sterne-Hotel begrüßen!
„Ufo in her eyes“ ist eine bitterböse Satire auf das moderne China und den Fortschritt um jeden Preis. Im Zweifelsfall geht man eben über Leichen. Im Gegensatz zur literarischen Vorlage, fand Xiaolu Guo dafür eine eigenständige filmische Form. Formal hat ihr Film den Charakter einer nüchternen Reportage über ein Wunder des neuen chinesischen Kapitalismus. So hat die Regisseurin das Projekt auch der chinesischen Zensur vorgestellt, um vor Ort in Südchina drehen zu können. „Guerilla-Taktik“ nennt sie das. Natürlich darf der Film in China nicht gezeigt werden; Xiaolu Guo lebt vorsichtshalber in London. „Ufo in her eyes“ ist ein spannendes Beispiel für das Engagement der chinesischen Opposition in der Diaspora! Mehr noch eine Parabel über die Rücksichtslosigkeit, die Gier und das Profitdenken.