USA 2011
Regie: Jon Favreau
Mit Daniel Craig,Harrison Ford,Olivia Wilde
Kinostart: 25. August 2011
Die Wolken hingen tief über Locarno, die gelben und schwarzen 8000 Stühle auf der Piazza Grande waren noch nass vom letzten Regenschauer, als sich wieder die Schleusen des Himmels öffneten. Trotzdem ein in Erwartung freudiges Publikum. Es hörte dann auch in dem Moment auf zu regnen, als die Stars des Films eintrafen: Daniel Craig – dem Wetter angepasst – cool, Olivia Wilde, bisher nur in US-Serien aktiv, zeigte viel Bein – dem Wetter weniger angepasst und Harrison Ford sichtlich missmutig – dem Wetter wieder angepasst, Regisseur Jon Favreau („Iron-Man“) amerikanisch-freundlich und damit wetterunabhängig. Sie sprachen artige Grußworte: „It‘s very, very, very nice to be in Locarno and sooo big the Screen…“
Ford ließ sich dann noch einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk überreichen und sprach vom „Luck“ seiner Karriere. Dann waren alle sichtlich erleichtert, wieder ins Luganoer Quartier zurück zu dürfen. Morgen geht es auf der Promo-Reise nämlich weiter nach Berlin, da findet am Montag die Deutschlandpremiere statt – wenigstens nicht unter freiem Himmel und 90prozentiger Regensicherheit.
Nach der Uraufführung von „Cowboys & Aliens“ kamen bisher nur mäßig positive Signale aus Übersee in die Alte Welt. Die Besucherzahlen lagen von Anfang an hinter denen des neuen „Schlümpfe“-Films, der am selben Tag startete. Die Kritiker äußerten sich verhalten. Auch in Locarno hielt sich die Begeisterung nach der Pressevorführung in Grenzen.
Seit Produktionen wie „Frankenstein meet Dracula“, „Sieben Goldene Männer gegen Vampire“, „Maciste gegen Vampire“ oder „Abbott & Castello jagen Frankenstein“ gehört die Resteverwertung von Genres zum Filmgeschäft.
In diese nicht gerade gut beleumdete Galerie reiht sich „Cowboys & Aliens“ ein. Regisseur Jon Favreau meinte in Locarno ein bißchen kleinlaut, man habe das Spektrum des Westerns erweitern wollen, um ihm so seinen Bestand im 21. Jahrhundert zu sichern. Armer John Ford! Immerhin hat Steven Spielberg das Werk produziert.
Das war der Anfang vom Ende! Denn Spielberg sieht Film als moralische Anstalt und ist weit davon entfernt, Trash wie etwa sein Kollege Corman auf den Weg zu bringen. Nur dazu hätte ein Wechselbalg wie „Cowboys & Aliens“ getaugt – wenn überhaupt.
Ein Mann (Craig) findet sich seiner Erinnerung verlustig in der Wüste von Nevada (?) wieder. Als ihm des Wegs kommendes Gesindel ans Leder will, macht der gut Trainierte mit ihnen kurzen Prozess.
Auch den Bewohnern der nahe gelegenen Kleinstadt, zeigt er, was eine Harke ist. Bevor ihm der örtliche Warlord (Ford) die Leviten lesen kann, findet der Angriff einer außerirdischen Invasionstruppe statt. Weil zu der Zeit wohl das Beamen noch nicht erfunden war, werden Gefangene mit dem Lasso gemacht.
Nachdem sich der erste Schrecken gelegt hat, beschließen die Erd-bewohner solidarisches Handeln. Soweit und so einigermaßen lustig. Doch dann verheddern sich die Autoren und der Regisseur zunehmend in ihrer Verquickung von Western und Science Fiction, um schließlich dann doch wieder bei altbewährten Mustern – wir retten die Welt – anzukommen; Schuld und Sühne im Verein mit aufopfernder Liebe. Der Held reitet am Ende in die Zukunft…
Das Ganze basiert auf einem bisher in Deutschland unveröffent-lichten Comic. Was Favreau bei den „Iron-Man“-Filmen passabel gelungen ist, endet bei „Cowboys & Aliens“ angestrengt in purer Langeweile, redundantem Gelaber und bemerkenswerter Humorlosigkeit. Dabei habe ich Jon Favreau heute als ziemlich unterhaltsamen, sehr witzigen Mann kennen gelernt.
Im Ernst machte er deutlich, dass die Zeiten im amerikanischen Filmgeschäft hart sind und er die europäischen Verhältnisse beneidet. Auf irgendwelche intellektuellen Sensibilitäten werde in den USA keine Rücksicht genommen. Jeder Filmemacher müsse außerdem selbst zusehen, dass er eine Arbeit abliefere, die eine optimale Verwertung ermögliche.
So hofft er, sollte seine „Cowboys & Aliens“ auch in Europa in kommerzielle Schieflage geraten, auf bessere Zahlen bei der DVD-bzw. Blu-Ray-Verwertung.
Keine schönen Aussichten für einen kreativen Regisseur. Das macht „Cowboys & Aliens“ zu einem aufschlußreichen Beispiel für die Krise einer Branche, wenn nicht sogar zu ihrem Offenbarungseid!