USA/Frankreich/Deutschland 2008
Regie: Haile Gerima
Mit Aron Arefe, Abeye Tedia
Kinostart: Mai 2011
Nach wie vor ist Afrika ein fast weißer Fleck auf der filmischen Landkarte. Zwar gibt es in nahezu allen Ländern des Kontinents Filmemacher, ihre Arbeiten finden aber nur sehr selten den Weg auf deutsche Leinwände. Mit zweijähriger Verspätung ist jetzt mit „Morgentau“ der bereits mehrfach ausgezeichnete neue Film des Äthiopischen Regisseurs Haile Gerima in unsere Kinos gekommen.
Anberber kommt nach zwanzig Jahren zurück in sein Heimatdorf in Äthiopien: als er jung war, gehört Anberber zu den Ausnahmen seiner Generation, die den Absprung schafften – zu akademischer Bildung im Ausland. In Berlin hat er Medizin studiert. Als 1974 der äthiopische Monarch Haile Selassie gestürzt wird, hofft auch Anberber auf eine politische und gesellschaftliche Erneuerung in seinem Heimatland. Er folgt dem Ruf eines Freundes an das Krankenhaus von Addis Abeba. Hier herrscht jedoch anstatt Aufbruch, das Spitzel-System des Diktators Mengistu Haile Mariam, der das Land mit eiserner Hand regiert.
Opposionelle werden verschleppt oder auf offener Straße erschossen. Auch Anberger gerät ins Fadenkreuz des Geheimdienstes. Glückliche Um-stände verhelfen ihm zu einer Dienstreise in ein mit Äthiopien damals befreundetes sozialistisches „Bruderland“ – in diesem Fall der DDR. Mit dem Ende Sowjetunion kollabiert auch das Regime in Addis Abeba. Anberber bleibt in Deutschland, bis er von Rechtsradiklen beinahe zu Tode geprügelt wird.
Gebrochen an Leib und Seele kehrt Anberber heim. In „Morgentau“ erzählt der äthiopische Regisseur Haile Gerima die Geschichte der Jahrzehnte langen Krise in seinem Heimatland. Die Irritation seines Protagonisten zwischen Tradition und Moderne. So ist der Film auch ein Spiegel der Situation der Gesellschaft Äthiopiens. Die Beschreibung eines Alptraums.
„Morgentau“ hat einen autobiographischen Hintergrund: Anberber ist das alter ego des Regisseurs Haile Gerima. Er schreibt über ihn:
„Er bringt – wie Prometeus – das Feuer der Modernisierung Eropas mit sich. Doch dieses Feuer, das er erlangt hat, hilft ihm nicht, die Missstände seines Dorfes zu beseitigen. Ein Dorf, das unzählige dringliche Bedürfnisse hat. So wie ich es in meinem Leben getan habe, flüchtet er sich folglich innerlich in seine Kindheitserinnerungen, in eine Zeit, als die Dinge fantastisch und vielversprechend waren.“
Dafür fand Gerima großartige Bilder in einer kühnen Dramaturgie der Rückblenden – in denen sich Schrecken und Poesie gegenseitig ergänzen. Das macht „Morgentau“ zu einem großartigen filmischen Lehrstück über ein Selbstverständnis afrikanischer Intellektueller, die die Hoffnung auf bessere Zeiten noch nicht ganz aufgegeben haben. „Morgentau“ ist einer der Filme, der einen noch lange beschäftigt!
Filmfan
Hört sich alles sehr vielversprechend und einladend an. Bin schon gespannt wie er wird.