Stars – die wirklichen und die falschen – brauchen die Öffentlichkeit der Medien, um zu glänzen. Doch der mediale Sumpf kann auch zum Verhängnis werden. Die Liste entsprechend tragischer Erfahrungen sind lang. Das belegen auch drei interessante Dokumentationen, die es jetzt auf DVD gibt.
Marilyn Monroe ist in die Filmgeschichte als der “Star” schlechthin eingegangen: unvergleichlich schön, mit einer einzigartigen Aus-strahlung. Ihre Filme allesamt zeitlose Meisterwerke. Dahinter ein unglücklicher Mensch, der vom Moloch Hollywood und den Medien aufgerieben wurde. Ihr bis heute ungeklärter früher Tod entrückte Marilyn Monroe vollends aus der Wirklichkeit.
Mit seiner zweiteiligen Monroe-Dokumentation „Ich möchte geliebt werden“ und „Tod einer Ikone“ machte sich Eckart Schmidt in Amerika auf nach Zeitzeugen, die den Star noch persönlich gekannt haben. Kollegen wie die unverwüstliche Jane Russel oder der inzwischen verstorbene Tony Curtis, aber auch Fotographen, die Marilyn Monroes Karriere begleitet haben.
Die Filme sind jetzt bei „JAM-Entertainment“ auf DVD erschienen: An Monroe-Würdigungen besteht kein Mangel! Die Literatur über sie füllt Bibliotheken. Vor wenigen Wochen sind unter dem Titel „Tapfer lieben“ ihre Tagebücher auch in der Bundesrepublik erschienen.
Die erschütterten Belege für die Schattenseiten eines vordergründig glamourösen Lebens. Außerdem haben fiktionale und dokumentarische Beschreibungen des kurzen Lebens der armen Norma Jean, die zum Star Marilyn Monroe wurde, eigentlich alles schon über sie gesagt: die Ausschnitte aus ihren Filmen und öffentlichen Auftritten sind hinlänglich bekannt.
Auch der ehemalige Filmkritiker Eckart Schmidt verzichtet nicht auf die großen Momente in Monroe-Filmen – von „Love Happy“ bis „The Misfits“. Aber er hat eine neue Perspektive der Annäherung an den Mythos Monroe gefunden. Da plaudert der immer noch rüstige Star-Fotograf Bob Willoughby über seine Arbeit mit der Monroe und bringt in Schmidts Film seine Zeitzeugenschaft auf Augenhöhe ein – wahrsten Sinne des Wortes. Mit Augenzwinkern erzählt der einstige Kinderstar Mickey Rooney, wie er Marilyn Monroe zu ihrem Pseudonym verholfen hat.
Das sind einzigartige Momente, die Schmidts Dokumentation aus dem Gros des Üblichen heraus heben. Ohne sich auf die Spekulationen der Regenbogenpresse einzulassen, geht er im zweiten Teil ebenfalls aus ungewöhnlicher Perspektive der Frage nach, warum Marilyn Monroe trotz ihrer enormen künstlerischen und kommerziellen Erfolge menschlich scheiterte.
Während Eckart Schmidt seine Monroe-Dokumentation elegant aus historischem und neue gedrehtem Material kompilierte und einen eigenen Kommentar dadurch überflüssig machte, kommt er in einem Interview im Bonusteil der DVD ausführlich zu Wort.
„Ich möchte geliebt werden“ und „Tod einer Ikone“ sind zwei sympathisch unspektakuläre Verbeugungen vor Marilyn Monroe. Filmhistoriker sind sich darüber einig, dass ihr früher Tod, ähnlich wie bei James Dean den Mythos der Unsterblichkeit paradoxer Weise bei beiden begründeten. Zumindest blieb es ihnen erspart, bereits zu Lebzeiten demontiert zu werden.
Diesem Schicksal versucht Roman Polanski seit einem halben Leben mit wechselndem Erfolg zu entgehen.
Am 11. März 1977 wurde der berühmte Filmregisseur in Los Angeles zum ersten Mal verhaftet, unter dem Vorwurf mit einer 13jährigen sexuell verkehrt zu haben. Ihre Mutter hatte Polanski angezeigt, eine beispiellose Schlammschlacht in den Medien begann: „ Roman Polanski: Wanted and Desired“ heißt der Dokumentarfilm, den Marina Zenovich 2008 über die Affäre gedreht hat.
Im Fokus ihres Films steht die Ambivalenz, mit der Roman Polanski, der polnische Emigrant, von Anfang an in der amerikanischen Öffentlichkeit behandelt wurde. Filme wie „Rosemaries Baby“ und „Chinatown“ hatten ihn zwar berühmt gemacht. Sie zeigten aber auch mit Okkultismus und Gewalt eine unheimliche und bedrohliche Seite der USA. Dann die Ermordung seiner Frau Sharon Tate. Die amerikanischen Medien beuteten das Ereignis schamlos aus und rückten Polanski ins Zwielicht.
Ohne über die Schuldfrage im „Fall Polanski“ zu urteilen ist Marina Zenovich eine eindrucksvolle Dokumentation darüber gelungen, wenn ein Promi in die Mühlen der Justiz und der Massenmedien gerät. Parallelen zum Fall Kachelmann drängen sich auf. Arthaus-Kinowelt hat „Roman Polanski: Wanted and Desired“ auf DVD veröffentlicht. Zur Edition gehört ein umfangreicher Bonusteil mit mehreren Dokumentationen zum „Fall“ Polanski.
Der Schauspieler Klaus Kinski hatte mit der Öffentlichkeit seiner sexuellen kein Problem. Seine Autobiographie „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“ gibt darüber Aufschluss. Sie war im Frühjahr 1977 erschienen. Anlass für Reinhard Münchenhagen, Kinski in die damals erfolgreiche Talkshow „Je später der Abend“ einzuladen. Die Veranstaltung hat TV-Geschichte gemacht: ein Musterbeispiel dafür wie ein irritierter, schlecht vorbereiteter Moderator von seinem Studiogast in die Pfanne gehauen wird.
Der Auftritt Kinskis bei Reinhard Münchenhagen sollte zum Pflicht-pensum für den journalistischen Nachwuchs eingesetzt werden, wenn es um die Grundübungen in der Kunst des Interviews geht. Auf DVD gibt es ihn jetzt in der „Klaus Kinski Estate Edition“ der Deutschen Grammophongesellschaft. Außerdem auf der DVD ein weiteres Beispiel für ein missglücktes Interview mit Kinski aus der RTL Reihe „Wer bin ich?“ von 1985. Die Interviewerin versuchte ihr Glück, Kinski menschlich beizukommen. Immerhin hat RTL davon nur 30 Minuten gesendet. Wir lernen daraus: auch der Versuch distanzloser Kumpanei führt bei Stars wie Klaus Kinski unweigerlich zum Verhängnis. Die DVD „Kinski Talks“ ist nur ein Vergnügen zur kollegialen Schadenfreude, sondern dokumentiert den Verlust der Gesprächskultur im Fernsehen. Dagegen verwehrte sich Kinski zu Recht, in dem er die Sendungen kippte.
Im Bonusteil ein nicht minder aufschlussreiches Interview mit Reinhard Münchenhagen. Rückblickend auf den Kinski-Eklat von 1977. In einem Booklet weitere Infos vom Kinski-Nachlassverwalter Peter Geyer.
Stars und die Medien: drei Beispiele auf DVD: „Marilyn Monroe: Ich möchte geliebt werden & Tod einer Ikone“, „Roman Polanski: Wanted and Desired“ sowie „Kinski Talks No. 1“. Die DVDs kosten zwischen 12 und 19 Euro.